Sehen, wie es andere machen, und voneinander lernen – das stand im Fokus des Besuchs der schwedischen Erzieherinnen im städtischen Familienzentrum Auerhahnstraße. Bereits seit 2012 sendet das AWO-Berufskolleg, das in Kooperation mit der Stadt Gütersloh Erzieherinnen und Erzieher ausbildet, im Rahmen eines von Erasmus geförderten EU-Programms Auszubildende für fünf Wochen ins schwedische Lidingö bei Stockholm. Höchste Zeit, dass drei der Erzieherinnen, die als Praxisanleiterinnen die deutschen Praktikanten in Schweden betreuen, bei einem Gegenbesuch auch das deutsche Bildungssystem kennenlernen.
„Lernen in Beziehungen“ – so lautet die pädagogische Konzeption der 22 städtischen Kindertageseinrichtungen (Kita). Was das Konzept beinhaltet und wie es bei den 72 Kindern im Familienzentrum Auerhahnstraße umgesetzt wird, durften die schwedischen Gäste bei einer Führung durch die Einrichtung erfahren. Zusammen mit der Kita-Leitung Margot Wellhöner, Jörg Schlenkhoff, Leiter der Fachschule Sozialpädagogik am AWO-Berufskolleg, und Andrea Körber, Leiterin der Abteilung Tagesbetreuung von Kindern der Stadt Gütersloh, konnten die schwedischen Gäste zahlreiche Parallelen und auch Unterschiede zwischen den beiden Bildungssystemen erkennen.
„Die Erzieherinnen sind bei uns entwicklungsbegleitend aktiv und geben den Kindern den Freiraum, Dinge selbst auszuprobieren“, erläutert Margot Wellhöner das Konzept der städtischen Kitas. Laut aktuellen Erkenntnissen der Entwicklungsforschung findet kindliches Lernen dabei immer in Beziehungen, ob zu den Eltern oder den Erzieherinnen, statt. Das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit ist daher eine notwendige Basis für die Kinder, um Neues zu entdecken und Herausforderungen anzunehmen. Dabei werden die Mädchen und Jungen in den städtischen Kitas stärkenorientiert gefördert und Bildungschancen werden ermöglicht. Ob Musizieren, Kochen oder kreativ gestalten - jedes Kind kann nach seinen eigenen Interessen entscheiden, in welcher Lernwerkstatt es sich ausprobieren möchte. Unterschiedliche Sinnesräume wie die Schreibwerkstatt, das Atelier, mathematischer und Konstruktionsbereich oder der Bewegungsraum geben den Kindern dafür eine materialreiche Lernumgebung, um unterschiedliche Fähig- und Fertigkeiten zu entwickeln.
„Lernen in Beziehung“ ist auch in schwedischen Kindertageseinrichtungen ein anerkanntes Konzept. Parallelen der beiden Bildungssysteme in der inhaltlichen Gestaltung der Erziehung stehen vor allem aber formalen Unterschieden gegenüber. So ist, anders als in Deutschland, in Schweden für den Beruf des Erziehers ein Studium Voraussetzung. Und auch die Finanzierung der Kindertageseinrichtungen sowie die Elternzeit sind in Schweden anders geregelt. Neben den Gemeinsamkeiten und Unterschieden, stand bei dem Besuch jedoch vor allem der gemeinsame Austausch im Vordergrund. Durch gegenseitige Anregungen und Inspirationen konnten nicht nur die skandinavischen Gäste, sondern auch Margot Wellhöner, Jörg Schlenkhoff und Andrea Körber von den Einblicken in die beiden Bildungssysteme profitieren.