Deutsch lernen mal anders – das ist das Ziel der Sprachcamps für neuzugewanderte Schülerinnen und Schüler in Gütersloh, die von dem Kommunalen Integrationszentrum des Kreises Gütersloh in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Gütersloh angeboten werden. Weniger Frontalunterricht mit Grammatik- und Vokabellernen, sondern vielmehr eine spielerische, praktische und berufsbezogene Entwicklung von Sprachkompetenz steht im Fokus der zweiwöchigen Kurse. Um den neuzugewanderten Hauptschul-, Realschul- und Berufskollegschülern im Alter von 16 bis 18 Jahren zu zeigen, welche Ausbildungsperspektiven sie haben und gleichzeitig Orientierungschancen zu eröffnen, hat sich das Familienunternehmen Beckhoff Automation GmbH & Co. KG den rund 20 Jugendlichen mit einer Unternehmensbesichtigung vorgestellt.
Kürzlich empfing Geschäftsführer Gerd Hoppe, Mitglied der Geschäftsführung bei Beckhoff, die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer mit ihren Dozenten Semira Cilgin und Hans Specht, sowie die Leiterin der Volkshochschule Gütersloh, Dr. Birgit Osterwald, und Gudrun Mackensen, Leiterin der Abteilung Bildung des Kreises Gütersloh des Kreis Gütersloh, in der Verler Unternehmenszentrale.
„Es ist wirklich ein Glücksfall für die Jugendlichen, bei der Firma Beckhoff einen Einblick zu bekommen“, freut sich Dr. Birgit Osterwald über die Spontanität und Offenheit des Familienunternehmens. Gerd Hoppe weiß um den Stellenwert der Integration von neuzugewanderten Jugendlichen und befand die Unternehmensvorstellung als ideale Gelegenheit den Schülern persönliche Orientierungs- und Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Damit war das Treffen weitaus mehr als eine reine Unternehmensbesichtigung, da den Sprachkursteilnehmern zusätzlich detaillierte Informationen für ihren individuellen Berufsweg geboten und ihre Perspektiven bei dem Familienunternehmen aufgezeigt wurden. „Die Besichtigung war etwas ganz besonderes, denn die Firma Beckhoff ist den zugewanderten Jugendlichen sehr menschlich und nahbar begegnet“, zieht Dozent Hans Specht ein positives Fazit aus der Exkursion innerhalb der Sprachcamps. Auch Gudrun Mackensen sieht einen großen Mehrwert in dem Unternehmensbesuch, der dem praktischen und berufsbezogenen Ansatz der Sprachcamps in bester Weise entspricht: „Diese Besichtigung ist für die Jugendlichen eine große Motivation, denn es ist nicht selbstverständlich, dass ein so renommiertes Unternehmen für junge Flüchtlinge seine Türen öffnet.“
Von dem Besuch bei Beckhoff über ein Theaterprojekt bis hin zu einer Stadtrallye – die Sprachcamps bedienen sich durch Exkursionen und musik- gestaltungs- und theaterpädagogischer Projekte zahlreicher sprachbildender Maßnahmen, um einen praktischen und anwendungsbezogenen Zugang zu der deutschen Sprache zu bieten. Und das mit Erfolg: „Eine Kollegin aus dem Städtischen Gymnasium hat mir letztes Jahr berichtet, dass sie ihre Schüler nach dem Sprachcamp kaum wieder erkannt hat“, erinnert sich Gudrun Mackensen. Und auch die beiden Dozenten der VHS, Semira Cilgin und Hans Specht, sind positiv überrascht von den Entwicklungen der geflüchteten Jugendlichen. Dabei haben die Schüler nicht nur sprachliche Fortschritte gemacht, sondern auch soziale Kompetenzen wie Selbstständigkeit, Zusammenhalt und Rücksichtnahme in der Gruppe weiterentwickelt. Denn ob aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder Albanien – bei den Sprachcamps treffen zahlreiche Kulturen aufeinander mit dem gleichen Ziel: Deutsch lernen und in Deutschland ankommen. Durch die Sprachcamps sind sie diesem Ziel ein großes Stück näher gekommen.
Seit 2015 bietet das Kommunale Integrationszentrum des Kreises Gütersloh in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Gütersloh zweiwöchige Sprachcamps für neuzugewanderte Schüler am Ende der Sommerferien an. Fünf Sprachkurse mit 100 geflüchteten Jugendlichen in verschiedenen Altersgruppen sind dieses Jahr in der VHS Gütersloh angeboten worden. „Es ist eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit und wir haben freie Hand in der Programmgestaltung“, lobte Dr. Birgit Osterwald die gelungene Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Integrationszentrum. Regelmäßig werden die Sprachkurse evaluiert, um aus möglichen Fehlern zu lernen und sich ständig weiterzuentwickeln, so Gudrun Mackensen. Dabei betont die Leiterin der Abteilung Bildung, dass die Sprachcamps ein ganz besonderes Projekt des Kreises und einzigartig und vorbildlich in Ostwestfalen seien.