Große Skepsis gegenüber Freihandelsabkommen
Am Mittwoch, dem 29. Juli 2015, diskutierte auf Einladung des SPD-Stadtverbandes Gütersloh der Vorsitzende Matthias Trepper mit Experten auf dem Podium und etwa 70 interessierten Gästen über das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA. „TTIP – besser verhandeln… oder verhindern?“ lautete die Fragestellung, zu der neben der SPD-Bundestagsabgeordneten Christina Kampmann auch Thieß Petersen von der Bertelsmann Stiftung, Dirk Toepper, Fachsekretär für Medien, Kunst und Industrie der Gewerkschaft Ver.di und Frank Diembeck als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen OWL Stellung bezogen und sich den zahlreichen Fragen der Besucherinnen und Besucher stellten.
„Schafft TTIP wirklich Wachstum? Werden Sozialstandards abgebaut? Welche Folgen hat TTIP für unsere Stadt, für die Arbeitsbedingungen, für die Verbraucherinnen und Verbraucher, für die Demokratie?“ lauteten die Leitfragen, die aus ganz verschiedenen Blickwinkeln zur Debatte standen.
Christina Kampmann gab einführend einen Überblick über die Grundzüge des geplanten Abkommens und den aktuellen Stand der Debatte auf der europäischen und der Bundesebene. Sie stellte klar: „Nach allen aktuellen Einschätzungen wird der Bundestag ein solches Abkommen am Ende beschließen müssen. Und wir werden ganz genau darauf achten, dass die von der SPD bereits 2014 beschlossenen ‚roten Linien‘ nicht überschritten werden.“
Thieß Petersen betonte, dass das Abkommen die Senkung der Zölle verspräche und somit durchaus ein Handels- und Wirtschaftswachstum für die EU und für die USA erwartet werden könne. „Durch die Vereinheitlichung von Regelungen würden Exporte erleichtert, so dass auch kleinere Unternehmen von TTIP profitieren könnten“, so Petersen. Er brachte jedoch ebenfalls deutlich zur Sprache, dass negative Folgen für Länder außerhalb von EU und USA zu erwarten seien und sprach sich daher für eine entsprechende Umlage für die Entwicklungshilfe aus, so dass die Vorteile eines Abkommens global gerechter verteilt werden.
Aus der Sicht der Gewerkschaften kritisierte Dirk Toepper, dass konkrete Regelungen bisher noch unbekannt seien: „Es darf nicht sein, dass starke Gewerkschaften als Handelshemmnis angesehen werden. Für uns ist zudem wichtig, dass die USA alle ILO-Kernarbeitsnormen unterzeichnet und sich somit zu guten Arbeitsbedingungen bekennt.“
Frank Diembeck setzte den Schwerpunkt auf eine juristische Perspektive und machte drei zentrale Kritikpunkte aus. Vor allem seien die Verhandlungen zu intransparent. Dies sollte als Grund ausreichen, um die Verhandlungen abzubrechen und mit einem demokratisch legitimierten Mandat neu zu beginnen. „Die Idee des Investor-Staats-Schiedsverfahrens lehnen wir ab. Wir vertrauen auf unser eigenes Rechtssystem und Sonderrichter empfinden wir als unnötig“, so Diembeck. „Damit befinden wir uns übrigens auf einer Linie mit der Resolution des Europaparlaments, die dort vor wenigen Wochen mit großer Mehrheit verabschiedet wurde.“ Bezogen auf die Angleichung der Standards forderte Diembeck Teilkündigungsrechte, um drohende Standardsenkungen vermeiden zu können.
Im Publikum stieß die auf dem Podium überwiegende Skepsis auf offene Ohren: Zahlreiche Fragen wurden durch das Podium beantwortet und die deutliche Kritik, besonders an der Intransparenz der Verhandlungen, wurde Christina Kampmann mit auf den Weg in die Diskussion in Berlin gegeben.
Der Wunsch nach einer klareren Positionierung der SPD konnte besonders durch Frank Diembeck und Matthias Trepper erfüllt werden: „70 Prozent der SPD-Mitglieder sind nach letzten Umfragen gegen TTIP – und ich zähle mich ganz klar zu dieser Mehrheit“, so Trepper. „Sowohl die Schiedsgerichte als auch eine Senkung der Standards darf es nicht geben. Aus kommunaler Sicht ist ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und Einschränkungen bei der sozialen Daseinsvorsorge vollkommen inakzeptabel. Sollte es dazu kommen, darf es keine Zustimmung zu einem solchen Abkommen geben.“