Elektronische Langzeitarchivierung
Gütersloh. „Hallo Paul, bitte sieh dir diese Dokumente einmal an und sortiere sie aus“, steht auf dem Umzugskarton mit den Akten vor der Bürotür. Dieses Szenario ist jedem Archivar bekannt und genau das, was er nicht will! Doch wie funktioniert das mit elektronischen Daten? Kriegt er künftig statt Umzugskartons voll gemüllte Festplatten? Papier lagert in langen Regalreihen. Aber wo bleiben die Daten aus 0 und 1?
Viele Probleme ergeben sich dadurch, dass das Kulturerbe in zunehmendem Maße aus elektronischen Unterlagen in den Behörden, als E-Books im Bereich der Publikationen oder auch als digitale Fotosammlungen, Filme und Tonaufnahmen besteht. Wie kann die Haltbarkeit dieser Daten gewährleistet werden? Wie geht man mit veralteten Formaten um? Wie können Datenträger vor Umwelteinflüssen geschützt werden? Für die Langzeitarchivierung digitaler Inhalte müssen technische und organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden.
Die Erstellung von eigenen Konzepten zum Aufbau von elektronischen Langzeitarchiven ist eine komplexe und teure Aufgabe, die viele Kommunalarchive überfordert. Das LWL-Archivamt für Westfalen, der LWL IT Service, das Historische Archiv und das Amt für Datenverarbeitung der Stadt Köln haben dafür eine Verbundlösung entwickelt: DiPS.kommunal (Digital Preservation Solution = Digitale Langzeitarchivierungslösung). Über halbautomatisierte Schnittstellen können elektronische Daten archiviert werden. Wie genau das funktioniert haben Dr. Peter Worm, Dr. Juliane Brink und Tobias Schröter-Karin vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe bei einer Tagesveranstaltung im Kreishaus vorgestellt. Organisiert wurde der Termin von der regio.IT und dem Kreisarchiv Gütersloh. Archivare, IT- und Orgavertreter aller dreizehn Kommunen des Kreises informierten sich über das neue System.
Die Langzeitarchivierungslösung DiPS.kommunal soll verhindern, dass Archivar Paul digitale Umzugskartons vor der Bürotür stehen hat und sich durch kontextlose Daten und unterschiedliche, häufig veraltete Formate arbeiten muss. Das System wurde von Archivaren mitentwickelt und auf deren Bedürfnisse abgestimmt. Die archivischen Arbeitsprozesse werden an die bestehende Erschließungssoftware in den Kommunalarchiven in die OAIS-konforme Gesamtarchitektur eingebunden. OAIS (Offenes Archiv-Informations-System) ist ein Referenzmodell und der wichtigste Standard für die elektronische Archivierung. Das Langzeitarchivierungssystem kann Aufgaben wie Lieferung, Bewertung, Bearbeitung, Formierung, Magazinierung, Erschließung und Veröffentlichung von Archivgut erfüllen. DiPS.kommunal dokumentiert alle im Übernahmevorgang durchgeführten Prozessschritte, wie zum Beispiel die Konvertierung von Dateien in langzeitstabile Formate und hilft bei der thematischen Zuordnung einzelner Dokumente. So kann Archivar Paul das digitale Kulturerbe vollständig, authentisch, lesbar und gemäß gesetzlicher Vorgaben langfristig sichern.
DiPS.kommunal ist im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft „Digitales Archiv NRW“ (DA NRW) entwickelt worden. Die Anwendung wird den Kommunen über den Dachverband kommunaler IT-Dienstleister (KDN) angeboten. Die teilnehmenden Kommunen erhalten neben der Anwendung 500 Gigabyte sicheren Speicherplatz und fünf Tage Support-Leistungen zu einem jährlichen Festpreis.