Vor fast genau zwei Jahren ging die erste Runde des inklusiven Tanzprojektes »Show ya Style« zu Ende. Zahlreiche Kinder und Jugendliche standen damals auf der ganz großen Bühne und
präsentierten ihre eigenen Choreografien, ihre Show - ihren ganz eigenen Style.
Ein prägendes Erlebnis für alle Beteiligten, an das zahlreiche Fotos und Presseberichte erinnern. Etwas wehmütig war man aber schnell darüber, dass es keine Erinnerungen im bewegten Bild gab – und die Idee zur zweiten Auflage war geboren. »Show ya Style – Der Film« möchte genau diese Lücke schließen. Doch vom ersten Gedanken bis zur endgültigen Umsetzung war es ein langer Weg. GüterslohTV und das Magazin Carl haben den Prozess, der im September 2015 vollendet wird, fast von Anfang an begleitet und bieten einen exklusiven Vorab-Einblick in das entstandene Video-Material.
Hinter »Show ya Style« steht der Fachbereich Jugend und Bildung der Stadt Gütersloh, an vorderster Front Mitarbeiter und Diplom-Sozialpädagoge Thorsten Muer. Der 29-jährige, der bereits im ersten Durchlauf als Tanzpädagoge und Choreograf aktiv war, hatte im Oktober 2013 die erste Film-Idee und ließ nicht mehr locker. Im April 2014 fand er dann mit dem Team von GüterslohTV einen Projekt-Partner, der die fachliche und technische Qualität für die Filmaufnahmen einbringen konnte. Und nicht nur das: GüterslohTV-Mitarbeiter Dominique Osea erklärte sich spontan bereit, auch die benötigte Musik für die vielfältigen Tänze zu produzieren.
Getanzt wurde aber erst ab Januar 2015 – nach Abschluss unzähliger Sponsoren-Gespräche und vielen Vorbereitungen. Drei Projektgruppen mit zunächst über 100 Kindern und Jugendlichen von neun bis siebzehn Jahren trafen sich wöchentlich an den Standorten Jugendtreff Blankenhagen und Bauteil5. Bis auf eine »Experten-Gruppe« fast ausschließlich junge Menschen, die bis dahin kaum einen Bezug zum Tanzen hatten. Denn gerade hier liegt der besondere Reiz des Projektes, wie Thorsten Muer beschreibt. »Wir können im Rahmen solcher Projekte mit ganz anderen Kindern arbeiten, als in Vereinen oder an der Tanzschule. Gerade, wenn entsprechende Alltags-Strukturen oder das Geld für eine regelmäßige und dauerhafte Teilnahme fehlen, wird der Kontakt zum Tanzen enorm erschwert.« Eine Lücke, die an dieser Stelle kurzfristig gefüllt werden konnte.
Den Begriff »Inklusion« darf man an dieser Stelle also durchaus deutlich weiter dehnen, als er in der allgemeinen Diskussion zu oft verstanden wird. Hier geht es nicht nur um körperliche oder geistige Behinderungen, sondern um Kinder und Jugendliche, die auf vielfältigste Weise benachteiligt sind.
Und natürlich ging es dann auch nicht vorrangig um die Vermittlung von Standard-Tänzen, sondern um einiges mehr. »Wir haben intensiv am Zugang zur Musik und am Rhythmus-Verständnis gearbeitet, aber auch gruppendynamische Spiele und Übungen gemacht, um uns kennen zu lernen und auf die intensive Arbeits-Phase des späteren Video-Drehs vorzubereiten«, erklärt Muer das Gruppenziel.
Für jeden Einzelnen hieß es aber auch, erst einmal herauszufinden, wohin es tänzerisch gehen soll. »Was ist mein Stil, was ist meine Persönlichkeit und wie kann ich das in einer Choreografie darstellen?« Fragen, auf die es natürlich so viele Antworten wie Teilnehmer gab. Und genauso vielfältig haben sich die Tänze dann auch entwickelt: Hip-Hop, Videoclip-Dancing, Show- und Musicaltanz gibt es ebenso zu sehen, wie lateinamerikanisch Schritte und Tanztheater. Abgedeckt wird darstellerisch und musikalisch also sehr viel Unterschiedliches. Das Endprodukt ist dann auch kein klassischer Tanzfilm, sondern eine Dokumentation der eingeübten Tänze, ergänzt durch Interviews mit Gütersloher Bürgern. Getanzt werden zwölf Choreografien an elf Orten im Stadtgebiet – vom Theater über das Parkhaus der AOK bis zum Teich der Bertelsmann-Stiftung. Allein das macht »Show ya Style – Der Film« buchstäblich zum Hingucker.
Für Thorsten Muer, der in den vergangenen dreizehn Jahren mehr als 100 Tanzprojekte begleitet hat, war dieses das bisher intensivste und spannendste. Zugleich auch das Ungewöhnlichste: »Wir haben die Tänze teilweise zwanzig Mal hintereinander getanzt, zwischendurch wurde immer wieder nachgeschminkt und optimiert, bis wir wirklich aus jeder Gruppe das Beste rausgeholt haben. Das ging an manchen Tagen sehr an die Substanz. Vor allem aber fehlte zunächst die Energie des Publikums und der Applaus am Ende jeder Aufführung, das ist man auf der Bühne natürlich anders gewohnt«.
Für die jungen Teilnehmer war die professionelle Stimmung am Set ungewohnt und überraschend. Aber so wurde alleine die Phase des Drehs zum bleibenden Erlebnis. Am Ende können alle Beteiligten dann eine DVD mit dem Film in der Hand halten und sich sogar auf der großen Kino-Leinwand im Bambikino sehen. Und eines ist gewiss: Dann wird der Applaus mit Sicherheit umso lauter nachgeholt!