Psychische Erkrankungen sind weit verbreitet. Nach Schätzung mehrerer Jobcenter aus ganz Nordrhein-Westfalen liegt die Zahl von Hartz- IV-Beziehern mit einer starken psychischen Beeinträchtigung bei ungefähr zehn Prozent. Für Betroffene ist es aufgrund einer solchen seelischen Beeinträchtigung oder Behinderung wesentlich schwerer, in eine Arbeit vermittelt zu werden. Um dies zu erleichtern, tauschen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter in Ostwestfalen-Lippe regelmäßig aus, um ihre Beratungsangebote und Hilfestellungen für die Betroffenen zu verbessern. Das war auch der Schwerpunkt des diesjährigen Fachtages Rehabilitation.
„Arbeit ist ein wertvolles Gut“, so begrüßte Michael Buschsieweke, Geschäftsführer der wertkreis Gütersloh gGmbH, die Fach- und Führungskräfte der Jobcenter aus Ostwestfalen-Lippe, die sich zum Fachtag Rehabilitation auf dem Kiebitzhof Gütersloh zusammengefunden haben. Zugleich brachte er damit bereits auf den Punkt, um welches Thema es an diesem Tag gehen sollte: ‚Inklusion, Integration, Prävention – Teilhabe und Perspektiven psychisch behinderter Menschen am Arbeitsmarkt Gütersloh‘.
Der Fachtag fand zum dritten Mal statt. Ausgerichtet und durchgeführt wird er vom Arbeitskreis OWL Rehabilitation/<wbr />Schwerbehinderung. Organisatorin war diesmal Karin Bohnenkamp, Koordinatorin für berufliche Rehabilitation und Schwerbehinderung im Jobcenter Kreis Gütersloh.
Wie lässt sich eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben realisieren? Welche Möglichkeiten gibt es, psychische Belastungen bei Arbeitslosen festzustellen? Was können Unternehmen tun, um psychische Erkrankungen ihrer Mitarbeiter im Vorfeld zu verhindern? Mit diesen und weiteren Themen beschäftigten sich die Teilnehmer während des Reha-Fachtages zusammen mit drei Referenten.
Dr. Sebastian Menke, Geschäftsführer der Kiebitzhof gGmbH, eröffnete den Fachtag mit einer Vorstellung des Bioland-Hofes. Dieser wurde bewusst als Veranstaltungsort ausgewählt, weil hier bereits seit vielen Jahren berufliche Inklusion aktiv praktiziert und gelebt wird: Auf dem Hof arbeiten in verschiedenen Bereichen Menschen mit und ohne Behinderung als Team zusammen. Die Kiebitzhof gGmbH will aber noch mehr für seine Belegschaft erreichen: „Unser Ziel ist die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben“, betont Menke. Die Mitarbeiter werden deshalb auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereitet und sollen mittels Praktika und anderer unterstützender Maßnahmen an Unternehmen im ganzen Kreis Gütersloh vermittelt werden. Um die inklusive Arbeit des Kiebitzhofes in der Praxis erleben zu können, besuchten die Teilnehmer die verschiedenen Gewerke der Kiebitzhof gGmbH, wie zum Beispiel den Kartoffelschälbetrieb.
Psychische Störungen wie Depressionen oder Burnout zählen zu den häufigsten Erkrankungen der Gegenwart und können die Erwerbsfähigkeit langfristig beeinträchtigen. Häufig hängen deshalb seelische Erkrankungen und Langzeitarbeitslosigkeit eng miteinander zusammen und bedingen sich gegenseitig. „Es ist ein Teufelskreis“, erklärte Prof. Dr. Pascal Wabnitz von der Fachhochschule der Diakonie Bielefeld. Mit dem ‚GesundheitsCoach‘ stellte Wabnitz ein Kooperationsprojekt der LWL-Klinik Gütersloh und dem Jobcenter Kreis Gütersloh vor, das Arbeitsberatern des Jobcenters helfen soll, psychische Erkrankungen bei Langzeitarbeitslosen zu erkennen und therapeutische Hilfe zu vermitteln.
Die Perspektive der Unternehmen einnehmend präsentierte Silke Ostermann vom LWL-Präventionsfachdienst Sucht und Psyche mögliche Instrumente eines Betriebes, um psychischen Erkrankungen seiner Mitarbeiter aktiv vorzubeugen. Dazu zählte sie zum Beispiel die Interessenvertretung der Beschäftigten durch einen Personalrat oder auch gezieltes betriebliches Gesundheitsmanagement: Der gemeinsame Sport mit den Kollegen am Nachmittag steigert nicht nur die körperliche Fitness und fördert den Zusammenhalt, sondern wirkt sich zudem auch positiv auf die seelische Gesundheit aus.