Überall in Westfalen: Wohnverbünde kümmern sich um fast 3.000 Betroffene
Münster. Es ist ein großes, dennoch kaum bekanntes Gebilde im Psychiatrieverbund des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL): Mehr als 1.400 Menschen mit einer geistigen, psychischen oder suchtbedingten Behinderung leben unter den Dächern von zehn so genannten Wohnverbünden des LWL. Von dort aus in eigenen Wohnungen ambulant betreut werden weitere 1.400 Klienten. In Dortmund, Gütersloh, Hemer, Lengerich, Lippstadt, Marl-Sinsen, Marsberg, Münster, Paderborn und Warstein kümmern sich insgesamt gut 1.900 LWL-Beschäftigte darum, dass die Menschen ein möglichst selbständiges Leben führen können. Vorsitzender Helmut S. Ullrich, ehemaliger Kaufmännischer Direktor der beiden großen LWL-Wohnverbünde in Lippstadt und Warstein, erklärt, warum es gut ist, dass diese Wohnverbünde seit kurzem neben einem 'eigenen‘ politischen Fachausschuss der LWL-Landschaftsversammlung auch einen übergreifenden Fachbeirat haben.
Herr Ullrich, warum ist ein eigener Fachbeirat für die LWL-Wohnverbünde wichtig?
Ullrich: Die LWL-Wohnverbünde versorgen auch Menschen mit schwerster Behinderung und manchmal herausforderndem Sozialverhalten. Ähnlich wie bei Einrichtungen in anderer Trägerschaft sind Mitarbeiter und Verantwortliche auf Verständnis und Akzeptanz der Nachbarschaft, des sozialen Umfelds insgesamt angewiesen. Das ist nicht immer und überall ganz leicht. Der Fachbeirat will unter anderem entsprechende Verständigungs- und Qualifikationsprozesse standortübergreifend flankieren, zum Beispiel durch die Weiterentwicklung von Fortbildungs- oder Versorgungskonzepten.
Wer macht mit im Fachbeirat?
Ullrich: Ihm gehören zwölf Mitglieder an. Es sind Verantwortliche aus LWL-Wohnverbünden und -Fachdezernaten wie auch externe Experten aus Hochschulen in Deutschland und der Schweiz sowie Selbsthilfe-Vertreter dabei.
Welche Arbeitsschwerpunkte haben sie?
Ullrich: Wir beraten mit Blick auf die ja eher außerhalb des öffentlichen Scheinwerferlichts arbeitenden Wohnverbünde zum Beispiel das große Thema Inklusion - welche Schwierigkeiten gibt es in der Praxis, welche unterstützungswürdigen Projekte? Wir befassen uns zudem etwa mit der Personalausstattung oder mit der Zusammenarbeit mit Betreuern und Gerichten. Darüber hinaus stehen auch heikle Themen wie zum Beispiel freiheitsentziehende Maßnahmen und Zwangsmaßnahmen, die Aufnahme von beurlaubten oder entlassenen Maßregelvollzugspatienten oder der Umgang mit schwierigen Einzelfällen auf der Tagesordnung unserer halbjährlichen Treffen.
Wie gelangen Ihre Gremienergebnisse zur Umsetzung in die Praxis?
Ullrich: Es ist schon einiges erreicht, wenn von uns erarbeitete Handlungsempfehlungen, zum Beispiel über den gerade neu gebildeten LWL-Fachausschuss für Wohnverbünde und Pflegezentren, politisch und in der Fachöffentlichkeit aufgenommen werden. Wenn überdies draußen das Signal ankommt: 'Wohnverbünde lassen sich in die Karten schauen, sie schotten sich nicht ab‘ - umso besser!