Mit zwei Großinvestitionen baut Miele derzeit seinen Logistikstandort in Gütersloh aus. Das um 75 Prozent erweiterte Warenverteilzentrum (WVZ) des Hausgeräteherstellers läuft jetzt nach erfolgreicher Testphase im Regelbetrieb. In unmittelbarer Nähe des Werkgeländes steht bereits die Gebäudehülle des neuen zentralen Lagers für Ersatzteile und Zubehör (ZEL), das Anfang 2017 den Betrieb aufnehmen soll.
Beide Bauprojekte unterstreichen die Bedeutung von Gütersloh als zentraler Logistik-Drehscheibe für die Miele Gruppe. Ob in Tokio ein Geschirrspüler verkauft wird oder eine Waschmaschine in Kapstadt, ob der Kundendiensttechniker in München oder in Kopenhagen Ersatzteile benötigt: Alle Anforderungen laufen am Gütersloher Hauptsitz zusammen. Zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit erfasst Miele sämtliche Absatzplanungen der Miele Vertriebsgesellschaften und Bestellungen der Kunden in einem Planungs- und Steuerungssystem, das mit den Beständen im zentralen Lagerverwaltungssystem in Gütersloh vernetzt ist. So können Geräte, Ersatzteile und Zubehör bedarfsgerecht und schnell an die internationalen Vertriebsgesellschaften des Unternehmens und damit an Kunden in aller Welt verschickt werden.
Als Standortvorteile fallen die gute Autobahnanbindung sowie die räumliche Nähe zu den meisten Werken ins Gewicht. Ein weiterer Vorteil liegt in der direkten Nachbarschaft der beiden Läger sowie der Nähe zum Lager für Kleingeräte wie Dampfgarer und Staubsauger, das sich ebenfalls auf dem Werkgelände befindet. „So können wir Synergieeffekte beim Transport nutzen“, erklärt Dr. Stefan Schwinning, Leiter des Zentralbereichs Distributionslogistik International bei Miele.
Warenverteilzentrum: Lagerdurchsatz von mehr als 20.000 Geräten pro Tag möglich
Das vor über 20 Jahren in Betrieb genommene WVZ für Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspüler, Herde und Backöfen zählte damals zu den leistungsfähigsten Einrichtungen seiner Art. Wegen der stetig steigenden Stückzahlen stößt es jedoch an seine Kapazitätsgrenze. Hinzu kommt eine zunehmende Zentralisierung der Logistikprozesse. „Große Handelsketten setzen mittlerweile häufiger Zentrallagersysteme ein, so dass die Hersteller ihre Ware ins Zentrallager liefern und die Handelsketten diese selbst auf ihre Geschäfte verteilen“, erklärt Schwinning. Zugleich werden die Prozesse internationaler, denn auch große Kunden im benachbarten Ausland erhalten ihre Geräte zunehmend direkt aus Gütersloh. Zusätzlicher Bedarf entsteht durch das sogenannte Projektgeschäft, das für Miele immer mehr an Bedeutung gewinnt: Hier werden prestigeträchtige neue Wohnanlagen und Hotels in verschiedenen Ländern komplett mit Miele-Hausgeräten ausgestattet. Verzögern sich dort die Baufortschritte, müssen bisweilen Geräte in großer Zahl zwischengelagert und dann termingerecht ausgeliefert werden.
Deshalb hat Miele das bestehende WVZ nun um 75 Prozent erweitert. Die hinzugewonnene Fläche umfasst 77 mal 62 Meter bei einer Höhe von 36 Metern. Insgesamt finden jetzt etwa 188.000 Geräte im Lager Platz. Im neuen Teil kommt die gleiche Technik zum Einsatz wie im ersten, 1994 in Betrieb genommenen Teil des Warenverteilzentrums. Einlagerung und Verteilung auf eine der 16 Lagerebenen geschehen mithilfe vollautomatischer Förderbänder, Verteilfahrzeuge („Trolleys“) und Hubwerke. Ein zentraler Lagerverwaltungsrechner weist die freien Lagerplätze zu und steuert jede einzelne Lagerbewegung nach der Devise „first-in, first-out“.
Die Auslastung wurde in einer Anlaufphase schrittweise gesteigert, Kapazitäten für weiteres Geschäftswachstum sind eingeplant. „Der Lagerdurchsatz kann in Zukunft durchaus auf über 20.000 Geräte pro Tag steigen“, prognostiziert Dr. Stefan Schwinning. „So stellen wir sicher, dass wir unsere Kunden auch in Zukunft bei weiter steigenden Stückzahlen bedarfsgerecht und pünktlich beliefern können“. In Deutschland werden Miele-Kunden in der Regel innerhalb von 24 Stunden beliefert, und selbst außerhalb Europas sind neun von zehn Geräten binnen fünf Tagen beim Kunden.
Ersatzteillager: Innenausbau beginnt demnächst
Auch für die Versorgung mit Ersatzteilen und Zubehör braucht Miele in erheblichem Ausmaß zusätzliche Lagerkapazitäten. So werden mittlerweile auch hier Techniker und Kunden aus Deutschland sowie einigen europäischen Nachbarländern, wie zum Beispiel den Niederlanden, Belgien und Dänemark direkt ab Gütersloh beliefert. Von hier aus wird auch der Lagernachschub für die Läger der Vertriebsgesellschaften versendet. Hinzu kommt, dass das Sortiment und die Anzahl der Produktvarianten stetig gewachsen sind. Entsprechendes gilt für die Zahl der Wartungs- und Serviceverträge, insbesondere im Bereich der gewerblichen Kunden. In circa 98 Prozent aller Fälle sind die bestellten Teile vorrätig und können in der Regel binnen 24 Stunden zugestellt werden. „Weil auch hier die Kapazitätsgrenzen erreicht sind, mussten wir erhebliche Flächen in Außenlägern zusätzlich anmieten“, sagt Logistik-Chef Schwinning. Das aber führe zu kosten- und zeitintensiven Quertransporten.
Um für die Zukunft gerüstet zu sein, hat Miele im März mit dem Bau eines neuen zentralen Ersatzteillagers begonnen. Der Neubau mit einer Fläche von knapp 13.000 Quadratmetern und bis zu 27 Metern Höhe entsteht auf einem Grundstück in unmittelbarer Nachbarschaft zum Werkgelände. Untergebracht werden hier neben dem Lagersystem auch die Kommissionierung, der Versand und eine über dem Lager liegende Büroetage. Die Gebäudehülle ist bereits nahezu geschlossen, zurzeit wird die Betonsohle eingebracht. Danach folgen die Innenausbauten, zum Beispiel Licht-, Klima- und Brandschutzinstallationen. Im Anschluss erfolgt die materialflusstechnische Ausstattung mit moderner Förder- und Lagertechnik.
Die Lagerung von Ersatzteilen und Zubehör erfolgt zum einen in einem automatischen Hochregallager sowie in einem automatischen Behälterlagersystem nach dem Prinzip „Ware zum Mann“, zum anderen in manuell bedienten Lagersystemen nach dem Prinzip „Mann zur Ware“. Hochmoderne Materialflusstechnik innerhalb des Gebäudes verbindet die einzelnen Bereiche und sorgt für einen schnellen und effizienten Warenfluss. Nach der Fertigstellung werden im Neubau die „Schnell- und Mitteldreher“ Platz finden. Im alten ZEL sollen künftig unverpackte Ersatzteile und „Langsamläufer“ gelagert werden. „Indem wir Ersatzteile und Zubehör zuverlässig und schnell bereitstellen, bieten wir unseren Kunden optimalen Service. Zum Beispiel kann der Kundendiensttechniker den Reparaturauftrag nur dann beim ersten Besuch abschließen, wenn er das benötigte Ersatzteil bereits dabei hat“, erklärt Schwinning. Anfang 2017 soll das neue ZEL seinen Betrieb aufnehmen.
Daten und Fakten zum Warenverteilzentrum:
· Baubeginn: Dezember 2013; Fertigstellung und Inbetriebnahme: Juli 2015
· Erweiterung des bestehenden Lagers um 75 Prozent; die hinzugewonnene Fläche auf dem schon vorher bestehenden Betonsockel umfasst 77 x 62 Meter (=> Grundfläche: 4.774 Meter)
· Höhe: 36 Meter (16 Lagerebenen)
· umbauter Raum: 130.000 Kubikmeter
· zusätzlicher Lagerplatz für bis zu 80.000 Hausgeräte; insgesamt finden ca. 188.000 Geräte Platz (vorher 108.000 Geräte)
· zur benachbarten Montagehalle wird das Lager durch eine rund 30 Meter hohe und 60 Meter lange Brandschutzwand begrenzt
· Investition: 23 Millionen Euro
Daten und Fakten zum Ersatzteillager:
· Baubeginn war im März 2015; voraussichtliche Inbetriebnahme ist für Anfang 2017 geplant
· Neubau auf einem 5 ha großen, firmeneigenem Grundstück in unmittelbarer Nachbarschaft zum Werkgelände (jenseits des Bahndammes, ca. 1 km entfernt, Stadtring Nordhorn/Edisonstraße)
· das Grundstück hatte Miele bereits 2001 sowie ein weiteres Teilstück 2004 vom Kreis Gütersloh und der Stadt Gütersloh als Reservefläche gekauft
· der Neubau umfasst eine Fläche von ca. 13.000 m²; eine spätere Erweiterung um ca. 7.000 m² ist möglich
· Höhe: bis zu 27 Meter im Bereich des Hochregallagers
· Kapazität automatisches Hochregallager: ca. 19.000 Paletten-Stellplätze; Kapazität automatisches Behälterlager: ca. 43.000 Behälter-Stellplätze
· Anzahl Laderampen: 11
· Investition: ca. 30 Mio. Euro