Landrat Sven-Georg Adenauer und Kämmerer Ingo Kleinebekel haben am Montag, 30. November, den Entwurf für den Haushalt in den Kreistag eingebracht. Und in dem reagieren sie auf die aktuelle Flüchtlingssituation: Mehr Personal im Jugendamt und in der Ausländerbehörde und mehr Geld in den entsprechenden Etats der Abteilungen sollen den steigenden Bedarf decken. „Es ist ein schwieriger Balanceakt zwischen sparsamer und verantwortungsvoller Haushaltsführung einerseits und der Bewältigung neuer Herausforderungen andererseits“, räumte Landrat Adenauer ein. Am 29. Februar 2016 soll im Kreistag der Haushalt verabschiedet werden. Bis dahin wird in der politischen Diskussion aus dem Entwurf der endgültige Haushalt.
Nicht nur unbegleitete minderjährige Flüchtlinge verursachen mehr Kosten. Mehr Familien mit Kindern führen schon rein rechnerisch zu mehr Aufwendungen im Bereich Hilfen zur Erziehung. Und die Ausländerbehörde erwartet ein erhebliches Mehraufkommen an zu bearbeitenden Fällen, sobald der Engpass beim Amt für Migration und Flüchtlinge behoben ist. Sollten dort der Stau von Asylanträgen abgearbeitet werden, landen in der Folge auch bei der Ausländerbehörde des Kreises Gütersloh mehr Akten auf den Schreibtischen. 6 Stellen im Kreis-Jugendamt (Abteilung Jugend, Familie und sozialer Dienst) sowie zwei Stellen in der Ausländerbehörde sollen teilweise noch in diesem Jahr besetzt werden. Bei der Ausländerbehörde zeichnet sich aber bereits jetzt ein weiterer Stellenbedarf ab. Noch nicht abzusehen sind weitere Belastungen für den Haushalt. Aber es ist davon auszugehen, dass Asylsuchende die Zahl der Leistungsbezieher steigen lässt, sei es dass sie Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder II haben, Anspruch auf Grundsicherung, Kindergeld, Elterngeld oder Unterhaltsvorschuss.
Auf der Ausgabenseite des Haushaltsentwurfs steht die Summe von 479,3 Millionen Euro. Größter Haushaltsposten schon traditionell die Landschaftsumlage. 93,3 Millionen Euro überweist der Kreis Gütersloh an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe. Der Betrag ist niedriger als in 2015 (0,2 Millionen Euro), obwohl der Hebesatz von 16,5 auf 16,8 Prozent steigt. Grund ist der Rückgang der Steuerkraft im Kreis Gütersloh. Weitere bestimmende Ausgabenposten sind die Jugendhilfe (85 Millionen Euro), die Sozialhilfe (50,8 Millionen) und die Kosten der Unterkunft (40,6 Millionen Euro).
Auf der Ertragsseite stehen 473,4 Millionen Euro. Strukturell ist der Haushalt nicht ausgeglichen, 5,9 Millionen Euro werden aus der Ausgleichsrücklage entnommen, 3,4 Millionen Euro davon dienen zur Entlastung der Kreisumlage. Die allgemeine Kreisumlage sinkt absolut um rund 2 Millionen Euro von 200,9 auf 198,9 Millionen Euro, der Hebesatz steigt jedoch von 35,21 auf 36 Prozentpunkte. Die Entlastung wird jedoch wieder aufgezerrt von zusätzlichen Ausgaben, die noch nicht im Haushaltsentwurf stehen: Die Übernahme der fünf bisher in kommunaler Trägerschaft verbliebenen Förderschulen ab dem Schuljahr 2016/2017 belastet den Kreishaushalt allein für die fünf Monate im nächsten Jahr mit rund 1,8 Millionen Euro. Zudem wird nach Anregung aus der Politik der Topf zur Straßenunterhaltung für fünf Jahre um 250.000 Euro aufgestockt. Auch ergeben sich aufgrund der weiterhin bestehenden Flüchtlingssituation zusätzliche Personalbedarfes in der Ausländerbehörde, für die der Kreisausschuss vor einer Woche (23. November) bis zu fünf weitere Stellen beschlossen hat. Hierdurch entstehen ebenfalls Mehraufwendungen von bis zu 250.000 Euro. Vorbehaltlich der übrigen Beschlüsse führt dies zusammen zu Mehrausgaben, die die geplante Entlastung übersteigt.
Der Haushaltsentwurf wird maßgeblich durch die im Referenzzeitraum ungünstige Steuerentwicklung im Kreis Gütersloh beeinflusst. Normalerweise verwöhnt von überdurchschnittlicher Wirtschaftskraft und damit ebenso hohen Steuererträgen schnitten im Referenzzeitraum andere Regionen besser ab: Kreisweit sank die Steuerkraftmesszahl im Referenzzeitraum (1. Juli 2014 bis 30. Juni 2015) um – 2,8 Prozentpunkte, landesweit stieg sie um 2,1 Prozent. Der erfolgsverwöhnte Kreis Gütersloh hinkte beim Wachstum hinterher. Deswegen bekommt auch der Kreis Gütersloh wieder Schlüsselzuweisungen vom Land NRW. Rund 3,1 Millionen Euro wird es geben. Die Gemeinde Langenberg erhält als einzige Kommune im Kreis ebenfalls Schlüsselzuweisungen, allerdings nur rund 180.000 Euro. Im vergangenen Jahr bekamen noch Versmold und Gütersloh Schlüsselzuweisungen. Die beiden Kommunen konnten jedoch ein Steuerwachstum von 12,7 Prozent (Gütersloh) beziehungsweise 18,2 Prozent verzeichnen. Die anderen zehn Kommunen sind – trotz unterdurchschnittlichem Abschneiden beim Wachstum – weit davon entfernt, Geld aus Düsseldorf zu erhalten. Denn sie stehen trotzdem weit besser da als viele andere im Land.
Die Jugendhilfeumlage steigt von 48,2 Millionen Euro (2015) auf 51,3 Millionen Euro. Ursachen für den Anstieg sind die allgemeinen Entwicklungen in der Jugendhilfe (steigende Ausgaben bei den Hilfen zur Erziehung und im Kindergartenbereich) und die bereits erwähnten Auswirkungen des Flüchtlingszustroms. 1,3 Millionen Euro sind allein dafür eingeplant.