Westfalen-Lippe (lwl). Das Ambulant Betreute Wohnen für Menschen mit Behinderung ist erfolgreich: Nach einer Bilanz des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) hat sich die Zahl der Menschen, die in den eigenen vier Wänden statt in einem Wohnheim leben, innerhalb von zehn Jahren in Westfalen-Lippe mehr als verdreifacht.
LWL-Sozialdezernent Matthias Münning: "In Westfalen-Lippe werden zur Zeit 26.000 Menschen mit wesentlicher Behinderung in ihrer eigenen Wohnung betreut, 2004 waren es etwas über 8.000. Die gemeinsamen Anstrengungen mit den kreisfreien Städten und Kreisen zeigen gute Ergebnisse." (Zahlen für NRW: 2014: 57.332, 2004: 15.290) In Westfalen-Lippe leben knapp 22.000 Menschen mit wesentlicher Behinderung in Wohnheimen (2004: 19.500; Zahlen für NRW: 2014: 43.432, 2004: 41.485), weil sie wegen ihrer meist geistigen oder mehrfachen Behinderung dauerhaft intensive Unterstützung brauchen. Münning verwies in diesem Zusammenhang auf die gute Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege.
Der LWL hat westfalenweit ein Verhältnis von 54 Prozent Ambulant Betreutem Wohnen zu 46 Prozent stationärem Wohnen erreicht (2004: 24 zu 76 Prozent; NRW 2004: 26 zu 74 Prozent, 2014: 57 zu 43 Prozent).
Was für die meisten Menschen selbstverständlich sei, wie die Wohnung selbst einzurichten, selbst zu kochen oder das Leben in der eigenen Wohnung über die Woche hinweg zu gestalten, bedeute für Menschen mit Behinderung häufig eine Herausforderung, die sie nicht allein bewältigen können. Münning schildert die Vorteile des betreuten Wohnens: "Menschen mit Behinderung gestalten ihr Leben selbständig und selbstbestimmt in einer eigenen Wohnung und erhalten dabei die Unterstützung die sie brauchen." Dies könne im Einzelfall sehr unterschiedlich sein und richte sich nach dem individuellen Bedarf. Soweit möglich gebe man Hilfe zur Selbsthilfe.
Zwei Milliarden Euro pro Jahr
Der LWL gibt pro Jahr rund 1,3 Milliarden Euro an so genannter Eingliederungshilfe für das Wohnen behinderter Menschen aus. Die Betreuung im stationären Wohnen kostet pro Tag etwa 100 Euro, die Betreuung in den eigenen vier Wänden dagegen zwischen 40 und 60 Euro täglich.
"Längst nicht jeder behinderte Mensch braucht die umfassende Betreuung, die ein Wohnheim bietet. Im Gegenteil: Für viele bietet die eigene Wohnung echte Inklusion", so Münning. Behinderte Menschen sollten stärker entscheiden, wenn es um ihre Wohnsituation gehe. "Menschen mit Behinderungen sollen betreut zuhause leben, wann immer das geht und sie es wollen."
Weitere Anstrengungen
Menschen mit psychischen Behinderungen stellen nach Angaben von Münning mit 56 Prozent weiterhin die größte Gruppe im Ambulant Betreuten Wohnen. Der Anteil der Menschen mit geistiger Behinderung liege bei nur 26 Prozent. "Wir müssen darum weiter vor allem Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Angehörigen überzeugen, dass man mit entsprechender ambulanter Unterstützung selbstständig leben kann", so der LWL-Sozialdezernent.
Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit steigt in Deutschland die Zahl der behinderten Personen mit Betreuungsbedarf Jahr für Jahr an, jährlich um rund 10.000 Personen, in Westfalen-Lippe um etwa 1.000. Der medizinische Fortschritt und die moderne Betreuung tragen dazu bei, dass heutzutage erfreulicherweise auch viele sehr schwer behinderte Menschen ein normales Lebensalter erreichen.