Dienstbeginn um 6:30 Uhr. Kurze Besprechung und dann beginnt die Tour der Ambulanten Pflege der Diakonie Gütersloh. An seinem Praktikumstag begann der Tag so auch für den örtlichen Landtagsabgeordneten Hans Feuß.
„Für die Politik ist es wichtig, sich immer wieder ein eigenes Bild von den verschiedenen Facetten unserer Beschlüsse und der an uns heran getragenen Probleme zu machen. Deswegen mache ich solche Praktikumstage.“, sagte Landtagsabgeordneter Hans Feuß (SPD) zu Beginn seines Tagespraktikums beim ambulanten Pflegedienst der Diakonie Gütersloh. Die Uhrzeit ist für den ehemaligen Lehrer dabei kein großes Problem. Dann begann die gemeinsamen Tour mit der Pflegefachkraft Uta Müller: Am Vormittag sollten die beiden eine der größeren Touren der Frühschicht gemeinsam erledigen. Normalerweise ist Uta Müller dabei alleine.
Um 7 Uhr beginnt die Fahrt an der Diakoniestation in Friedrichsdorf. An diesem Tag mussten bis 10 Uhr vierzehn Menschen gepflegt werden. Das bedeutet von Person zu Person ganz unterschiedliche Hilfeleistungen: Hilfe beim Waschen, Anziehen, mit den Medikamenten, beim Essen und viele weitere Tätigkeiten. Diese hängen von der Pflegebedürftigkeit und den Wünschen der Betreuten ab. Das beinhaltet auch eine ordnungsgemäße und sehr genaue Berichterstattung. Auch wenn der Fahrweg zwischen zwei Stationen meist nur ungefähr fünf Minuten beträgt, geht die Tour vom Start in Friedrichsdorf auch bis in die Nachbarstädte Bielefeld und Verl und natürlich auch ins Gütersloher Stadtgebiet. „Es ist beeindruckend, wie die Pflegekräfte versuchen in kurzer Zeit gute Pflege und ein menschliches und wertschätzendes Verhältnis unter einen Hut zu bekommen. Die Vielfältigkeit der Menschen aber auch der Lebenssituationen kommt noch dazu – jede Station auf der Tour ist eine neue Herausforderung “, kommentierte Hans Feuß die anspruchsvolle Arbeit.
Nach einem anstrengenden Vormittag ging es für den Landespolitiker Feuß in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft „Haus im Pfarrgarten“ in Friedrichsdorf weiter. Hier führte die Leiterin Rosemarie Aue in die Abläufe der Einrichtung ein und sprach mit Hans Feuß über die Probleme des Alltages in der Pflege: „Die bürokratischen Anforderungen an uns sind enorm. Auch in der Wohngemeinschaft muss alles genau dokumentiert werden. Zum Beispiel durch sogenannte „Trinkprotokolle“. Kontrolliert wird die Einrichtung von unterschiedlichen Institutionen wie der Feuerwehr, der Heimaufsicht, dem Gesundheitsamt und noch einigen Weiteren. Das hat natürlich alles seine guten Gründe, muss aber irgendwo auch Grenzen haben“. Einige Folgen dieser Bürokratie erlebte der Abgeordnete hautnah. Zum Beispiel bei der Ausgabe des Mittagessen. In der Einrichtung wird noch selber gekocht. Oft mit Hilfe der Bewohnerinnen und Bewohner und unter Berücksichtigung ihrer Wünsche. Dies wird neuerdings zum Problem, denn neue Vorschriften sorgen dafür, dass der Essensplan einer detailgenauen Kennzeichnungspflicht für Allergene bei jedem Essen unterliegt. Man kennt diese Listen aus Speisekarten in Restaurants. Für eine Haushaltskraft ist das zwar fachlich kein Problem, wohl aber zeitlich.
In der Einrichtung im Ortskern von Friedrichsdorf leben 16 Menschen. Die älteste Bewohnerin wird dieses Jahr 103 Jahre alt. Die Pflege ist dabei nur theoretisch ambulant – die Pflegekräfte arbeiten direkt im Haus und die Bewohner bestellen sich den Dienst ins eigene WG-Zimmer. Das multi-professionellen Team um Diplompädagogin Rosemarie Aue und Krankenschwester Sylvia Schau sorgt dabei nicht nur für die Pflege, sondern auch für ein vielfältiges Angebot: Die wöchentlichen Fußpflege, Gedächtnistraining, Kunstangebote und regelmäßigen Andachten gehören zum, zumindest für den politischen Praktikanten Feuß, gar nicht grau wirkenden Alltag der Bewohner.
Hans Feuß resümierte über seinen Tag in der ambulanten Pflege: „Dieser Beruf fordert einem ziemlich viel ab und erfordert zugleich einen warmen und herzlichen Umgang mit Menschen. Die hier tätigen Fachkräfte verdienen alle Unterstützung, die unsere Gesellschaft ihnen bieten kann. Bei vielen bürokratischen Anforderungen ist uns allen klar warum sie existieren, aber in der Praxis wirken diese dann doch oft überzogen und lösen verständlicher Weise Unverständnis aus. Gerade wegen solcher Dinge lohnt es sich – auch dauerhaft – im Gespräch zu bleiben. Das nehme ich mir fest vor.“