Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten fordert Bundestagsabgeordnete aus dem Kreis
Gütersloh auf, in Berlin für das geplante Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischwirtschaft zu stimmen. Corona-Ausbrüche bei Fleischunternehmen wie Tönnies hätten gezeigt,
wohin die Missstände führen können.
„Für die überwiegend osteuropäischen Beschäftigten in Subunternehmen sind extreme Arbeitsbelastung, Lohn-Prellerei und Unterbringung in abrissreifen Wohnungen seit Jahren an der Tagesordnung. Mit solchen Wildwest-Methoden muss endlich Schluss sein“, fordert Gaby Böhm, Geschäftsführerin der NGG-Region Bielefeld-Herford. Das geplante „Arbeitsschutzkontrollgesetz“ könne die Fleischbranche zugleich stärken: Nach Angaben der Arbeitsagentur sank die Zahl der Schlacht- und Verarbeitungsbetriebe im Kreis Gütersloh innerhalb von 20 Jahren von 118 auf zuletzt 95. Und das, obwohl die Produktion massiv zulegte – insbesondere beim Branchenriesen Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. „Die Konzentration bei immer weniger Firmen ist ein bundesweiter Trend, der dazu geführt hat, dass reguläre Stellen verloren gingen und Arbeiten an Subunternehmen ausgelagert wurden – zu prekären Bedingungen“, betont Böhm. Mit Hilfe des neuen Gesetzes müssten nun die Stammbelegschaften wieder aufgebaut und die
Mitbestimmung gestärkt werden. Das führe zu höheren Löhnen, steigenden Sozialabgaben und
Nach dem Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums sollen ab 1. Januar 2021 Werkverträge und
ab 1. April 2021 Leiharbeit in Fleischbetrieben mit mehr als 49 Personen verboten werden. „In den
vergangenen Jahren sind alle Versuche gescheitert, die Branche zum Umdenken zu bewegen – weder
durch freiwillige Selbstverpflichtungen und selbst mit dem Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft nicht. Das Verbot ist überfällig“, so Böhm.
Die Gewerkschafterin warnt jedoch vor Tricksereien. Unternehmen dürften nicht versuchen, das Gesetz durch neu gegründete Tochtergesellschaften oder andere Schlupflöcher zu umgehen: „Vom Schlachten bis zum Verpacken – alle Arbeitsschritte in der Fleischproduktion müssen von Beschäftigten erledigt werden, die direkt beim Unternehmen angestellt sind.“ Das Gesetz zum Verbot von Leiharbeit und Werkvertrag sei der erste Schritt. „Und dann brauchen wir als zweiten Schritt einen Tarifvertrag, der für alle Beschäftigten in den rund 7.700 Unternehmen der Branche gute Löhne und faire Arbeitsbedingungen absichert. Wir sind gespannt, ob die Unternehmen hierzu ernsthaft bereit sind.“
Das Argument von Lobbyverbänden, die Fleischbranche sei auf Werkverträge und Leiharbeit angewiesen, um Auftragsspitzen etwa zur Grillsaison abzufedern, überzeuge nicht. „Möglich wären beispielsweise auch befristete Arbeitsverträge. Besser noch: Arbeitszeiten lassen sich per Tarifvertrag und Arbeitszeitkonten regeln – wie das auch in anderen Bereichen der Lebensmittelbranche seit langem üblich ist“, so Böhm.
Bild: NGG Bielefeld Herford