Opfer von sexualisierter Gewalt haben künftig die Möglichkeit, anonym die Spuren der Gewalttat sichern zu lassen, ohne sofort eine Anzeige zu erstatten. Damit wird eine Lücke im Opferschutz geschlossen. Denn wenn ein Opfer sich sonst erst später zur Anzeige entschlossen hatte – aus welchen Gründen auch immer – waren die Spuren der Vergewaltigung nicht mehr vorhanden oder brauchbar. Das Kooperationsnetzwerk ‚Anonyme Spurensicherung im Kreis Gütersloh‘ stellte das Modell im Vorfeld eines Fachtags zum Thema während eines Pressegesprächs vor.
Bisher existierte im Kreis Gütersloh kein abgestimmtes Verfahren zur gerichtsverwertbaren Spurensicherung und Dokumentation nach einer Sexualstraftat für Opfer, die zunächst keine Anzeige erstatten möchten. Daher hat der ‚Runde Tisch gegen häusliche Gewalt‘ im Kreis Gütersloh die Initiative ergriffen und mit der Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen die Bildung einer regionalen Kooperation zur anonymen Spurensicherung (ASS) nach sexualisierter Gewalt an Frauen und Mädchen im Kreis Gütersloh angestoßen.
Die anonyme beziehungsweise anzeigenunabhängige Spurensicherung soll Betroffenen zukünftig eine rechtssichere ärztliche Dokumentation ihrer Verletzungen ermöglichen, ohne die Notwendigkeit einer sofortigen Anzeigenerstattung. Die Betroffenen haben so die Möglichkeit, sich in Ruhe zu überlegen, ob sie Anzeige erstatten wollen oder nicht. Die Spuren werden zehn Jahre für einen möglichen Gerichtsprozess aufbewahrt.
Die Fachveranstaltung im Kreis Gütersloh informierte Akteure aus dem Gesundheitswesen wie zum Beispiel Mediziner, Pflegekräfte, Psychotherapeuten und Mitarbeiter in Beratungsstellen über das Angebot zur anonymen Spurensicherung. Darüberhinaus sollte für die Situation von Betroffenen nach einer sexuellen Gewalttat sensibilisiert werden. Vorgestellt wurde zudem eine Öffentlichkeitskampagne, die mit Flyern und Plakaten über die Hilfestrukturen zur anonymen Spurensicherung informieren soll. Ziel der Kampagne sind Personen aus dem Umfeld der Opfer, enge Vertraute, Dritte, denen sich das Vergewaltigungsopfer anvertraut hat. Sie sind es, die das Opfer in seiner traumatischen Situation dazu bewegen können, die Spuren sichern zu lassen und alles andere an Überlegungen hinten an zu stellen.
Ellen Wendt, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Gütersloh, hat die Federführung. Sie hat beim Land NRW den entsprechenden Förderantrag für das Projekt gestellt. An dem Kooperationsnetzwerk ‚Anonyme Spurensicherung im Kreis Gütersloh‘ sind folgende Institutionen beteiligt: Das Klinikum Gütersloh, das St. Elisabeth-Hospital Gütersloh, die Abteilung Gesundheit des Kreis Gütersloh, das LWL-Klinikum Gütersloh, das Kriminalkommissariat 1 und das Kriminalkommissariat Kriminalprävention/Opferschutz der Kreispolizeibehörde Gütersloh, das Institut für Rechtsmedizin der Universität Münster, eine Fachanwältin aus dem Bereich Opferschutz, die Frauenberatungsstelle/<wbr />Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt, das Frauenhaus Gütersloh sowie der Weisse Ring.