Am Rande des LWL-Geländes finden bald minderjährige unbegleitete Flüchtlinge und andere Jugendliche ein neues Zuhause – vorübergehend. Die Abteilung Jugend des Kreises Gütersloh konnte sich das Haus 3 auf dem Gelände der LWL-Klinik sichern und wird dies von der Westfälisch-Lippischen Vermögensverwaltungsgesellschaft anmieten. Als Betreiber des Hauses konnten die Arbeiterwohlfahrt (AWO) und die Jugendhilfe Bethel gewonnen werden. Birgitt Rohde, Leiterin der Abteilung Jugend beim Kreis Gütersloh: „Nach der Anmietung des Hauses Marienmünster in Schloß Holte-Stukenbrock sind wir jetzt bei dem Unterfangen, die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge angemessen unterzubringen und sich um sie kümmern wieder einen großen Schritt weiter gekommen.“
AWO und Jugendhilfe Bethel werden das dreistöckige Gebäude an der Buxelstraße im Laufe des Frühjahrs beziehen und nach und nach ausländische als auch einheimische Jugendliche aufnehmen. Denn das wird diese Einrichtung von anderen Konzepten unterscheiden: Auch einheimische Jugendliche ohne Flüchtlingshintergrund aber mit Erziehungsbedarf werden vorübergehend hier ihr neues Zuhause haben. Das vom Kreis und den beiden Trägern vereinbarte Konzept sieht drei unterschiedliche Etagen vor.
Das Haus 3 wird durch den Kreis von der Westfälisch-Lippischen Vermögensverwaltungsgesellschaft WLV angemietet. Es liegt auf dem Gelände der Klinik, ist mit seiner Randlage an der Buxelstraße ein wenig abgesetzt. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte gab es unterschiedlichste Nutzungen. Künftig wird das Gebäude 3 als reguläre Einrichtung der Jugendhilfe genutzt. Sie wird zunächst überwiegend der Versorgung, Betreuung und Erziehung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen dienen. Da diese Jugendlichen keine homogene Gruppe sind, sondern sehr unterschiedliche Bedarfe haben, soll Angebotsstruktur diese Unterschiede aufgreifen.
Das Erdgeschoss dient dem so genannten Clearingverfahren: Hier werden die jungen Menschen in Obhut genommen und erstversorgt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendhilfe Bethel stellen den Entwicklungs- und Gesundheitszustand der Neuankömmlinge fest, hier erhalten sie zudem die erste Sprach-und Kulturförderung. In dieser Phase, die zirka drei Monate dauert, wird auch versucht, Kontakt zu Verwandten im In- und Ausland herzustellen, um gegebenenfalls eine Familienzusammenführung zu ermöglichen. Rohde: „Der Entwicklungs- und Bildungsstand der jungen Menschen ist laut den bisherigen Erfahrungen mit jungen Flüchtlingen sehr unterschiedlich.“ Die Spanne reiche vom jungen Menschen ohne oder nur geringen Fähigkeiten zu schreiben über Jugendliche mit beendeter Schulausbildung bis zu solchen, die bereits in die Lehre gestartet waren. „Alle haben den Wunsch nach Schutz und Zukunftsperspektiven, wollen schnell etwas lernen oder arbeiten.“
In der mittleren Etage sollen zwei Gruppen für Jugendliche entstehen, die das Clearingverfahren durchlaufen haben und für die ein Erziehungshilfebedarf im stationären Rahmen festgestellt wurde. In dieser Gruppe können auch ‚einheimische‘ Jugendliche ohne Flüchtlingshintergrund aufgenommen werden. „Kommen junge Flüchtlinge mit traumatischen Erfahrungen zu uns, ist hier der passende Zeitpunkt und Rahmen, um mit einem therapeutischen Angebot zu beginnen“, erläutert Rohde.
In der oberen Etage, durch die AWO geführt, sollen die jungen Menschen auf die Verselbständigung vorbereitet werden, bevor sie in eigene Wohnungen ziehen. Selbständige Versorgung und Kochen gehören ebenso dazu, wie die Kontaktaufnahme zu Firmen, erste Schritte in die Arbeitswelt und vieles mehr.
Auf jeder Etage wird es zwei Gruppen geben, die Gesamtzahl der zukünftigen Bewohner soll bei zirka 40 liegen. Alle Gruppen werden durch Fachpersonal betreut, auch nachts ist selbstverständlich Betreuungspersonal im Haus. Beide Träger bringen in der Arbeit mit jungen Flüchtlingen erfahrenes Personal mit. Das Haus bietet ausreichend Platz sowohl für Gruppenaktivitäten als auch für individuelle Rückzugsmöglichkeiten.