Alles Selbstverständliche nicht als selbstverständlich betrachten. Das ist ein guter Ausgangspunkt, um interkulturelle Kompetenz zu erwerben. Bei einer Fachtagung der Stadt Gütersloh mit 80 Teilnehmern, zu dem der Fachbereich Familie und Soziales alle freien und öffentlichen Träger der Jugendhilfe ins Kreishaus Gütersloh eingeladen hatte, standen jetzt die verschiedenen Methoden der Erziehung und die Kindheit in unterschiedlichen Kulturen im Mittelpunkt.
Mehrnaz Koch-Kondazi und Mariya Lorke, beide vom Verein Ethnologie in Schule und Erwachsenenbildung e.V. (ESE) referierten über interkulturelle Begegnungen, die Ursachen von Missverständnissen und die kulturellen Aspekte von Kindheit und Jugend sowie die Bedeutung der Familie bei Menschen mit Migrationshintergrund.
Während die westliche Erziehung das Individuum in den Mittelpunkt stelle, würden in kollektiven Gesellschaften die Interessen der Familie über die Interessen des einzelnen stehen. Gehorsam gegenüber den Eltern zu zeigen, sei ein hoher Wert. Entscheidungen, die ein Familienmitglied betreffen, würden im Kollektiv besprochen, so Koch-Kondazi.
Wo Kulturen aufeinandertreffen, ist Offenheit gefragt. Eine wichtige Fähigkeit sei, die Perspektive wechseln zu können, um Missverständnisse zu vermeiden, sagte Lorke. Während es zum Beispiel hierzulande üblich sei, im Gespräch den Blickkontakt zu halten, gelte der direkte Blickkontakt in anderen Kulturen als unhöflich. Ein Wegsehen sei in diesem Fall nicht unhöflich gemeint, sondern könne gerade das Gegenteil bedeuten, sagte Lorke.
Mit Fragen und Anmerkungen aus den eigenen Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund trugen die Teilnehmer zu einer regen Diskussion bei. „Wie kann man agieren, um ein erfolgreiches zusammen Lernen und Leben zu erreichen? - Rezepte dazu gab es nicht. Aber die Referentinnen forderten dazu auf, nicht zu bewerten und auf Pauschalierungen zu verzichten. Jede Begegnung müsse neu entdeckt werden, so Mariya Lorke.