Rietberg. Ein City Outlet wird es in Rietberg nicht geben. Per Bürgerentscheid hatte eine Mehrheit der Wähler dem Projekt am 13. Mai eine Absage erteilt. An der Herausforderung, die Innenstadt neu zu beleben, hat sich hingegen nichts geändert. Diese Aufgabe war in der Vergangenheit stets ein zentrales Thema – und wir es auch bleiben. Derzeit erreichen Bürgermeister Andreas Sunder viele Vorschläge, Wünsche und Ideen, die die Bürger an ihn herantragen.
„Die Reaktionen zeigen mir, dass dieses Thema sehr viele Menschen bewegt“, sagt Andreas Sunder. Er möchte den Rietbergern deshalb ein Forum geben mit der Möglichkeit, Ideen mit Fachleuten zu diskutieren und auf ihre Machbarkeit hin zu überprüfen. Daher wird die Stadt Rietberg eine Podiumsdiskussion mit Vertretern des Einzelhandelsverbands, der Industrie- und Handelskammer, des Netzwerks Innenstadt und weiteren Akteuren anbieten. Ein Termin steht noch nicht fest, sicher ist aber: Jeder kann kommen und seine Vorschläge erörtern und diskutieren.
Sehr, sehr viele Ideen zur Belebung der Innenstadt haben Stadtverwaltung und Geschäftsleute in den vergangenen Jahren immer wieder angestoßen, diskutiert und zum Teil auch wieder verworfen. „Um uns alle auf einen Stand zu bringen, halte ich es daher für wichtig, einmal aufzulisten, welche Maßnahmen schon ergriffen worden sind und was wir bereits versucht haben“, sagt der Bürgermeister. Denn viele dieser Ideen werden nun erneut in der Bevölkerung diskutiert.
So hat sich etwa vor vielen Jahren die Immobilien- und Standortgemeinschaft Rathausstraße (ISG) gegründet. Ein Einzelhandelskonzept ist aufgelegt und regelmäßig fortgeschrieben worden. Der Schwerpunkt lag und liegt auf der Stärkung des zentralen Versorgungsbereichs, der Rathausstraße. Es gab mit externer professioneller Hilfe ein Flächenmanagement, um vakante Ladenlokale zu vermarkten – leider ohne bleibenden Erfolg. Immer wieder hat es Treffen mit der ISG, Immobilienbesitzern, Projektentwicklern (die in Kontakt zum Handel stehen), Banken und Sparkasse sowie der Wirtschaftsinitiative „Wir“ gegeben. Gezielt sind immer wieder Einzelhändler angesprochen worden, ob sie sich vorstellen könnten, nach Rietberg zu kommen. Folgende Branchen waren dabei: Sportartikel, Bekleidung, Schuhe, Fahrradhandel, Haushalt, Kosmetik und Dienstleistungen. „Leider ist selbst das Angebot, mehrere kleinteilige Ladenlokale zu einer größeren Fläche zusammenzulegen, nicht auf fruchtbaren Boden gefallen. Wir haben keinen Filialisten für uns gewinnen können“, bedauert Andreas Sunder.
Der Bürgermeister und sein Rathausteam setzen sich auch nach dem Aus für das City Outlet dafür ein, dass die Stadt Rahmenbedingungen schafft, um die Rathausstraße weiterhin attraktiver zu werden. Aber: „Der Einzelhandel muss sich schon selbst bei uns ansiedeln. Das können wir als Stadt nicht leisten – und das hätten wir auch bei einem City Outlet nicht geleistet.“ Viele Maßnahmen sind in der Vergangenheit getroffen worden, um Rietbergs Mitte attraktiv zu gestalten: Drosten- und Klostergarten wurden angelegt, die Umflut aufgewertet und ein Spielplatz hinter dem Schnäppchenmarkt gestaltet. Außerdem gibt es umfangreiche Zuschüsse für Eigentümer, die ihre Immobilien sanieren wollen.
Die Stadtverwaltung inklusive des Tourismusbüros sind ganz bewusst als Frequenzbringer im zentralen Bereich der Stadt belassen worden – auch wenn es immer wieder den Wunsch gab, die Rathäuser jenseits der Innenstadt anzusiedeln. Darüber hinaus stehen kostenlose Parkplätze zur Verfügung, sind Veranstaltungen zur Belebung der Innenstadt etabliert worden, wie der Wochenmarkt als Erlebnismarkt (es wurde zusätzlich Personal eingestellt), Stadtfeste oder der Adventsmarkt. Auch touristische Attraktionen sind immer weiter ausgebaut worden (Emsweg, Europaradweg, diverse Stadtführungen). Ansprechender Blumenschmuck und aufwändige Pflegemaßnahmen sind im historischen Stadtkern seit vielen Jahren selbstverständlich. Über folgende weitere Ideen ist intensiv diskutiert worden: Sperrung oder Verkehrsberuhigung der Rathausstraße, Ansiedlung von Kunsthandwerkern, Zusammenlegung von Ladenlokalen.
Auch wenn das City Outlet als Idee nicht weiter verfolgt wird, etliche begleitende Maßnahmen hält der Verwaltungschef dennoch für sinnvoll. Das gilt etwa für einen neuen Marktplatz mit Anbindung an die Gastronomie, der zwischen Rathaus, Verwaltungsgebäude und Kirche entstehen könnte. Auch die Öffnung der Rathausstraße zur Schaffung eines Rathausvorplatzes durch eine ebenerdige Mischverkehrsfläche steht weiterhin auf der Prioritätenliste. Die Ziele: eine bessere „Durchmischung“ der Rad-, Pkw- und Fußgängerverkehre sowie die Schaffung einer gesteigerten Aufenthaltsqualität. Gleichzeitig muss das Angebot an innenstadtnahen Parkplätzen zwingend ausgebaut werden.
Am Südtor möchte sich der Bürgermeister gemeinsam mit der Politik und Bürgern weiterhin Gedanken machen um die Zukunft der Südtorschule. Er könne sich vorstellen, übergangsweise ein Gründungs- und Dienstleistungszentrum zu schaffen. Ein Grobkonzept dazu liegt vor, perspektivisch wäre auch eine Umfunktionierung als Hotel-/Gastronomiebetrieb möglich. „Ich finde, wir dürfen zunächst alles denken“, so das Stadtoberhaupt. Parallel sollte die Platzgestaltung am Südtor konsequent weitergedacht werden. Die Offenlegung der Umflut gehört für Andreas Sunder ebenso dazu wie die Frage, wie es mit dem Schotterparkplatz hinter dem Schnäppchenmarkt weitergeht. Außerdem ist angedacht, die Infrastruktur für Elektrofahrräder zu verbessern.
Am Donnerstag folgte der Stadtrat einstimmig der Empfehlung des Bürgermeisters, sich der der Initiative „Netzwerk Innenstadt“ anzuschließen. Das Netzwerk Innenstadt NRW ist eine Arbeitsgemeinschaft von Städten und Gemeinden, um sich gegenseitig bei der Sicherung und Entwicklung zukunftsfähiger und attraktiver Innenstädte zu unterstützen. Im Kreis Gütersloh sind bislang Gütersloh und seit kurzem auch Verl Mitglieder dieses Netzwerks.
Foto: Andreas_Sunder_Porträt
CR Stadt Rietberg