Man kennt sie, man liebt sie bundesweit und im benachbarten Ausland: »The Sazerac Swingers« aus Gütersloh kommen gut rum. Nun durften sie den angehenden Jazz-Superstar Glen David Andrews aus New Orleans auf seiner allerersten Deutschland-Tour begleiten – ein weiteres Highlight der noch gar nicht so langen Bandgeschichte. Einen Zwischenstopp gab es im Studio von Carl und GüterslohTV zwecks lockerem Videodreh. Wir haben Bandleader Max Oestersötebier gefragt, wie es sich verhält mit einem Fast-Superstar auf Tour zu gehen:
»Der spannendste Moment der gesamten Tour war bereits das Warten am Düsseldorfer Flughafen. Kommt er tatsächlich? Steigt dieser kommende Superstar des Jazz wirklich aus dem Flugzeug, um eine Tournee mit den Sazerac Swingers, einer international quasi unbekannten Newcomer-Band zu spielen? Und er kam, mit einer dicken Umarmung voller Wiedersehensfreude.
Glen und ich kennen uns schon seit knapp zehn Jahren – und im Herbst 2013 haben wir schon gemeinsam in New Orleans gespielt und tollkühne Pläne geschmiedet. Eine Portion Spannung war trotzdem dabei: Während der einjährigen Vorbereitungszeit legte Glen David Andrews eine Riesenkarriere in den USA hin, sein Management versuchte ihn vehement aus unserem Vertrag heraus zu kaufen, um ihn stattdessen auf eine vielfach lukrativere Australien-Tournee mit seiner eigenen Band zu schicken. Doch Glen hielt Wort.
Da der amerikanische Jazz in Europa derzeit kaum Beachtung findet, standen eher kleinere Städte und Spielstätten auf dem Programm. Doch die hatten es in sich: Eine erste öffentliche Probe hielten wir im Vinus am Kolbeplatz ab, gleichzeitig unsere eigene Record Release Party zum neuen Album. Dann ging es zunächst nach Siegburg, wo die Show schon Monate vorher ausverkauft war und der Empfang entsprechend warmherzig. Am dritten Tag kehrten wir im heimischen Farmhouse Jazzclub ein, wo wir die intime, direkte Atmosphäre hatten, die sowohl Glen als auch den Sazerac Swingers besonders liegt.
Spät in der Nacht war totales Kontrastprogramm angesagt: um 1:30 Uhr standen wir auf der Bühne des »Stereo« in Bielefeld, Durchschnittsalter des Publikums: ca. 20 Jahre. Ein tolles Zeichen für die Zukunft des Jazz. Der Saal war voll, die Leute haben gefeiert als gäbe es kein Morgen. Am Sonntagmittag ging es mit einem weiteren tollen Konzert im Harsewinkeler Farmhouse weiter, bevor es dann, nach einem ausgiebigen Bummel über die Michaeliskirmes, nach Weinheim ging. Im berühmten »Muddy‘s Club« erfuhren wir eine begeisternde Atmosphäre, trotz eher sparsamen Besuchs.
Weiter ging es nach Stuttgart, auch hier wieder sympathisches Publikum im städtischen Weingut, leider gefolgt von einer – das ist kein Witz – Geiselnahme durch einen chinesischen Hotelier, der sich beleidigt fühlte, weil Glen seinen schweren Koffer die Treppe herunter zog. Er beschloss einfach, uns im Hotel einzuschließen. Nachdem wir uns gewaltsam aus der Gefangennahme befreien konnten, folgte eine Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung, ein Tag auf dem Polizeipräsidium, und 600,00 € Kaution, die für Glen zu hinterlegen waren, da er ja in Deutschland keinen Wohnsitz hat. Rock’n‘Roll erleben also auch traditionelle Jazzbands.
In Tübingen und Paderborn erlebten wir ausverkaufte Clubs und sensationelle Stimmung, bevor wir an unserem konzertfreien Tag ein paar Live-Aufnahmen im Studio von Carl/GüterslohTV machten. In Lingen an der Ems ging es ein wenig trostlos weiter, da wir gegen ein Jan-Delay-Gastspiel und das EM-Quali-Match Polen gegen Deutschland keine Chance hatten, was aber wieder entschädigt wurde durch ein berauschendes Abschlusskonzert vor ausverkauftem Haus in Gronau. Das war‘s!
Während ich nun für »Carl« die Tour Revue passieren lasse steht Glen auf der Bühne des New Yorker LincolnCenters. Für die Sazerac Swingers geht es mit vielen tollen Eindrücken im Gepäck weiter auf den heimischen Bühnen. Eine Wiederholung ist jedoch für den kommenden Herbst wieder angedacht.
Spannende Frage: Lässt sich das Wunder wiederholen?«
Max Oestersötebier.