Die acht Rotoren surren und bevor man sich versieht, schwebt die Drohne bereits im Himmel von Halle (Westf.). Ortstermin am Grünen Weg, die Vermesser des Kreises Gütersloh bringen eine neue Technik zum Einsatz. Mithilfe einer Drohne wollen sie die Straße vermessen um den Zustand der Straße dokumentieren. „Ein Außentrupp würde normalerweise mehrere Tage dafür brauchen. Wir sind ein paar Stunden hier und machen den Rest im Büro“, erläutert Tobias Groppe, stellvertretender Leiter der Abteilung Geoinformation, Kataster und Vermessung. Außerdem komme noch der Sicherheitsfaktor dazu. Auf der Straße gäbe es viele Gefahrenquellen, die Drohnenpiloten benutzen dagegen lediglich den Gehsteig.
Groppe und die beiden Kollegen aus dem vermessungstechnischen Innendienst, Ralf-Christian Knoll und Karl Mathias Ellersieck, haben bereits weite Teile der neuen A 33 abgeflogen. Groppe: „Daher können wir Karten sofort aktualisieren und sind so im Handumdrehen aktuell.“ Die drei bilden derzeit das Drohnenpilotengespann der Abteilung: Alle haben mit der Drohne auf dem Flughafengelände an der Marienfelder Straße in Gütersloh geübt und einen entsprechenden Sachkunde-Nachweis.
Erstmal in der Luft, fliegt die Drohne per Automatik, durch GPS gelenkt auf einer vorgegebenen Linie. Sie kehrt auch automatisch zum Landeplatz zurück, wenn der Akku schwach wird. Die Vermesser überwachen den Flug per Fernsteuerung und können jederzeit die Kontrolle über die Drohne übernehmen. Sechs Mal fliegt sie jeden Straßenabschnitt in einer Höhe zwischen 30 und 50 Meter ab und schießt dabei Hunderte Fotos. So wird vom Bebauungsrand auf der Kreisstraße 49 der Straßenraum vermessen, um der Abteilung Tiefbau die benötigten Daten für die Straßenplanung zu liefern. „Die verschiedenen Höhen und Tiefen des Straßenraums und zum Beispiel auch die Höhe dieses Kanaldeckels sind später aus den 3D-Daten herauszulesen“, erklärt Groppe und zeigt auf die Straßenmitte.
Die Drohne einer Rostocker Firma erscheint auf den ersten Blick recht filigran, nicht mal ein Meter im Durchmesser. Kein Carbongehäuse, die Kamera hängt nackt in einer beweglichen Halterung unter den unzähligen Sensoren, Chips und Platinen der Drohne. Dieses elektrische Herz ist nur durch eine dünne Plastikkappe verdeckt. Alles Absicht, meint Groppe. Mit ihren knapp 2,5 Kilogramm ist die Drohne vergleichsweise leicht und kann daher lange in der Luft bleiben, rund 30 Minuten mit einer Akkuladung. Jedes Gramm mehr macht sich in einer kürzeren Flugdauer bemerkbar. Die Flugsteuerung kann Windböen bis zu einer gewissen Stärke automatisch ausgleichen und die Kamera hängt dabei immer absolut gerade.
Die Drohne fliegt im Auftrag vieler Abteilungen: Die Wasserbauer der Abteilung Tiefbau können aus der Luft den naturnahen Umbau der Bäche nach der europäischen Wasserrahmenrichtlinie dokumentieren und so konkret die Wirkung von Renaturierungsmaßnahmen beurteilen, die Straßenbauer lassen Straßen vermessen und natürlich sammelt die Drohne Daten für das Kartenwerk von Groppes eigener Abteilung. „Oder man stellt sich eine Deponie vor: Mithilfe der Drohne könnten wir zum Beispiel sagen, wie viel Kubikmeter Material seit dem letzten Überflug dazu gekommen sind.“ Zu diesen Zwecken werden als weiteres Highlight auch Videosequenzen während des Fluges aufgenommen.
Die Drohne vereinfacht bestimmte Vermessungen erheblich und verlagert die Arbeit vom Außeneinsatz mit stundenlangen Messarbeiten ins Büro. Denn die eigentliche Arbeit folgt dort: Zur Analyse und Auswertung der Drohnenfotos brauchte es schon etwas mehr als die handelsüblichen Computer, die sonst im Kreishaus in den Büros stehen. „ jeder E-Sportler würde sich über so einen Grafik-PC freuen“, meint Groppe und zeigt auf den kleinen Schrank vor Knolls Schreibtisch. Mit geballter Grafik- und Rechenpower wandelt er die Fotos der Drohne in Daten um – unter anderem in dreidimensionale Ansichten. Dank Drohne und Software wird das menschliche Sehen simuliert und eine virtuelle Realität berechnet. Die vier integrierten Grafikkarten ermöglichen die beeindruckende Darstellung allerkleinster Höhen- und Tiefenunterschiede der Straße. Der Grüne Weg auf dem Monitor besteht aus vielen Millionen Punkten. Selbst der ‚ Grafik-PC‘ rechnet dafür über sechs Stunden lang.
Die Drohne hat allerdings ihre Grenzen: Gutes Wetter, nicht zu viel Wind und Bäume ohne Blätter sind ihre Lieblingsbedingungen. Am Grünen Weg musste Groppe mit seinem Team einige Punkte klassisch nachmessen – unter dem markanten Baum auf der Hälfte der zu fotografierenden Strecke. Nichtsdestotrotz ist allen an diesem Tag klar: Die Vermessung geht neue Wege und ist mit 3D-Daten, nicht nur in der virtuellen Realität, sondern auch im Arbeitsalltag angekommen und ein spannender MINT-Beruf mit Zukunft.