Hausgeburt oder eine Geburt im Krankenhaus – in der Vergangenheit mussten sich werdende Eltern entscheiden. Im Klinikum Gütersloh geht beides gleichzeitig. Die geborgene Atmosphäre einer Hausgeburt mit der Absicherung durch ein ärztliches Team im Hintergrund. Die Geburt wird ausschließlich von Hebammen betreut. Im Klinikum Gütersloh haben sich im vergangenen Jahr knapp 50 werdende Mütter für diese Form der Geburt angemeldet.
Es ist Sonntag, der errechnete Geburtstermin von Alica-Mariana Tied. Wehen Fehlanzeige.
„Am Montag habe ich mich ordentlich bewegt, um die Wehen etwas anzuregen“, erzählt Tied. Es funktioniert – am Dienstag spürt sie die ersten Wehen. Um halb elf Uhr abends kommt sie gemeinsam mit ihrem Mann, Dominik Tied, im Kreißsaal des Klinikum Gütersloh an. Die ersten Stunden verbringt Tied in der Badewanne des Kreißsaals. Im Hintergrund läuft Entspannungsmusik. Ihr Mann massiert sie und spricht ihr gut zu. Alles genau so, wie sie es geplant hat. Schon ihr erstes Kind, Tochter Mia-Zoé Konstantina, mittlerweile drei Jahre alt, wollte Tied im Hebammengeleiteten Kreißsaal auf die Welt bringen. Damals hat sie die Hebammengeleitete Geburt abgebrochen, da sie Schmerzmittel zur Linderung der Wehen brauchte - die Schmerzen waren zu stark. Bei einem Hebammengeleiteten Kreißsaal betreuen ausschließlich zwei Hebammen die werdenden Eltern während der Geburt. Es wird auf ärztliche Interventionen, wie Schmerzmittel oder Geburtseinleitungen verzichtet, und das Kind auf natürlichem Wege geboren. So entsteht eine intime Atmosphäre, bei Problemen steht aber trotzdem jederzeit eine Ärztin oder ein Arzt bereit. Die Frauen bringen ihr Kind auch bei der Hebammengeleiteten Geburt im neu gestalteten Kreißsaal auf die Welt. Dr. med. Wencke Ruhwedel, Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe: „Das ist ein bisschen wie ein Anschnallgurt beim Autofahren, unser Ärzteteam ist nur da, wenn es gebraucht wird, und bleibt ansonsten im Hintergrund. Mütter wünschen sich eine geborgene, möglichst natürliche und vor allem selbstbestimmte Geburt, und dafür haben wir gemeinsam mit den Hebammen die Möglichkeit geschaffen.“
Beim zweiten Kind sollte es für Alica-Mariana Tied anders laufen. Schon vor der Geburt ist die junge Mutter zur Akupunktur gegangen und hat Entspannungsübungen gemacht. Alternative Therapien wie Akupunktur, Atem- und Massagetechniken sind Teil des Konzeptes des Hebammenkreißsaals im Klinikum Gütersloh. Das Ziel: Schmerzen vor und während der Geburt natürlich lindern. „Die Geburt ist ein natürlicher Prozess, bei dem Mutter und Kind ein Team sind. Ich habe mich da ganz bewusst drauf vorbereitet.“ Und es klappt: Am Mittwoch um 04:10 kommt Liara Evangelia zur Welt, im Kreißsaal die stolzen Eltern und zwei Hebammen.
„Es kommt recht häufig vor, dass Mütter ihr zweites oder drittes Kind hebammengeleitet entbinden möchten“, sagt Meike Kruse, leitende Hebamme im Kreißsaal. „Sie wissen dann schon, was auf sie zukommt und können sich besser darauf vorbereiten.“ Es kann auch Gründe geben, die gegen eine Hebammengeleitete Geburt sprechen. Das klären Hebammen gemeinsam mit den Ärzten und werdenden Eltern in der Hebammensprechstunde anhand eines speziellen Fragenkatalogs. Ist eine risikolose Schwangerschaft abzusehen, steht der Hebammengeleiteten Geburt nichts im Wege. Für Alica-Mariana Tied hat diesmal alles gestimmt. Die perfekte Kombination aus Geborgenheit und Sicherheit. „Ich bin sehr stolz auf meinen Körper und die Kleine“, erzählt sie mit ihrer Tochter Liara Evangelia im Arm.
Bild: Alica-Mariana Tied und ihre Tochter genießen die gemeinsame Zeit. (Foto: Klinikum Gütersloh)