„Wie kriegen wir unsere Pflegekinder gut durch die Pubertät?“
Dieser Frage widmeten sich rund 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einer Fortbildung im Kreishaus Gütersloh auf Einladung des Pflegekinderdienstes des Kreises in Kooperation mit der Flexiblen Vollzeitpflege Gütersloh, der Diakonie Bielefeld und dem Verbund sozialtherapeutischer Einrichtungen Bielefeld sowie der Gesellschaft Kinderhäuser Steinhagen.
Auf Basis aktueller neuropsychologischer Erkenntnisse in Bezug auf Bindung und Trauma widmete sich die Referentin Catharina Hübner der Frage. „Was passiert eigentlich bei Jugendlichen in der Pubertät?“. Die Diplom-Psychologin ging darauf ein, welche Entwicklungsaufgaben von Pflegekindern in dieser Zeit bestehen und wie Pflegeeltern die Jugendlichen unterstützen können. „In der Pubertät braucht der Jugendliche das Gefühl, die Eltern glauben an mich. Sie brauchen einen dicken Anker. Die Jugendlichen müssen angedockt sein, um sich entwickeln zu können“, erklärte Hübner.
Sie appellierte, in die gesunden Prozesse der Jugendlichen zu vertrauen. Deren Verhalten dürfe man nicht persönlich nehmen, etwa wenn Jugendlichen ungefiltert die Wahrheit sagen. Während des Heranwachsens fänden enorme Umbauprozess im Gehirn statt. Es sei normal, dass sich Jugendliche in dieser Zeit nicht mehr steuern könnten und starke Reize suchten. „Lassen Sie sich konfrontieren! “, ermutigte sie die Pflegeeltern, die Auseinandersetzung mit den Jugendlichen als eigene Entwicklungsaufgabe zu sehen.
In der Pubertät erkunden Jugendliche ihre Identität und gehen erste Schritte zur Selbstständigkeit, dafür brauchen sie einen starken Rückhalt. Pflegekinder überprüfen in dieser Zeit oft noch einmal ihre eigenen Wurzeln und gehen in intensiven Kontakt mit ihrer Herkunftsfamilie. Hier sei es wichtig, dass die Pflegeeltern standhaft bleiben, sich nicht verunsichern lassen und dem Jugendlichen den notwendigen Rückhalt bieten, betonte Hübner. Für Pflegekinder sei es hilfreich, wenn sie ihre Ursprungsfamilie positiv in ihr Leben einbeziehen können. Einen kleinen Trost hatte die Referentin auch im Gepäck: Die Phase der Pubertät sei notwendig – und gehe vorbei.
Nach dem Vortrag gab es für die erfahrenen Pflegeeltern, ehemaligen Pflegekinder und Jugendliche, die aktuell in Pflegefamilien leben, die Möglichkeit zu einem regen Erfahrungsaustausch.