Der Kreis Gütersloh kann so bald als möglich acht neue Stellen, davon zwei in der Ausländerbehörde und sechs im Jugendamt besetzen, um die Folgen des Flüchtlingsstroms zu bewältigen. Das entschied gestern der Kreisausschuss einstimmig. Vorbehaltlich der Zustimmung des Kreistags am 28. September sollen die Stellen noch in diesem Jahr ausgeschrieben werden. Zusätzlich holte sich die Verwaltung die Zustimmung der Politik, bis zu einer Million Euro für den Fall auszugeben, dass das Land den Kreis im Wege der Amtshilfe bitten sollte, eine neue Notunterkunft einzurichten und zu betreiben. Auch bei diesem Tagesordnungspunkt gab es keine Gegenstimme.
Die zwei zusätzliche Stellen in der Ausländerbehörde sind nötig geworden, da das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Fälle nach der Entscheidung über die Asylanträge an die jeweiligen Ausländerbehörden abgeben: Derzeit kommen jede Woche 100 neue Fälle hinzu. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entscheidet lediglich über den Asylantrag, bewilligt ihn oder lehnt ihn ab. Alles weitere – bis zur möglichen Abschiebung – erledigt die jeweilige Ausländerbehörde vor Ort.
Sechs zusätzliche Stellen, zunächst befristet für ein Jahr, erhält das Kreisjugendamt, um minderjährige, nicht von Erwachsenen begleitete Flüchtlinge in Obhut nehmen zu können. Allein das Kreisjugendamt, das für alle Kommunen außer den Städten Gütersloh, Rheda-Wiedenbrück und Verl zuständig ist, kümmert sich derzeit bereits um über 80 Kinder und Jugendliche. Zusätzlich muss sich ihr Team auch um minderjährige Flüchtlingskinder kümmern, wenn deren Eltern zum Beispiel wegen einer Krankheit ausfallen und sich sonst niemand aus der Verwandtschaft um sie kümmern kann , erläuterte Birgitt Rohde, Abteilungsleiterin Jugend, Familie und Sozialer Dienst.
Mit der möglichen überplanmäßigen Ausgabe von bis zu einer Million Euro will der Kreis vorbereitet sein, sollte er von der Bezirksregierung gebeten werden, für das Land eine oder mehrere Notunterkünfte zu errichten und deren Betrieb sicherzustellen. Die Kosten des Betriebs einer Notunterkunft kann man grob mit 200.000 Euro/Monat überschlagen. Grundsätzlich sind dies Kosten, die das Land NRW erstattet. Kämmerer Ingo Kleinebekel machte deutlich, dass er erwartet, dass das Land NRW diese Ausgaben erstatten wird, die eine Million Euro also nur vorgestreckt wird.
Thomas Kuhlbusch, Fachbereichsleiter Gesundheit, Ordnung und Recht, berichtete den Politkern von der aktuellen Lage: In Ostwestfalen-Lippe ist mit einem wöchentlichen Zulauf von 1.000 bis 1.200 Flüchtlingen zu rechnen. Der Krisenstab des Kreises, den er leitet, prüft derzeit, wo es überhaupt noch geeignete Räumlichkeiten zur Einrichtung zusätzlicher Notunterkünfte gibt.
Die wichtigste Frage, die den Krisenstab beschäftigt ist, wie der Betrieb einer solchen Notunterkunft überhaupt personell sichergestellt werden kann. Denn die Hilfsorganisationen und die vom Land beauftragten Unternehmen wie European Homecare sind durch die im Kreis Gütersloh bestehenden Notunterkünfte in Gütersloh mit 400 Plätzen, in Rheda-Wiedenbrück mit 320 Plätzen, in Versmold mit 120 Plätzen (alle betreut vom Deutschen Roten Kreuz) und in Schloß Holte-Stukenbrock mit einmal 500 Plätzen in der Polizeischule (betreut vom Malteser Hilfsdienst) und 1.000 Plätzen in der Zeltstadt (betreut von European Homecare) derzeit voll ausgelastet und an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gelangt. Weiteres, ausreichend qualifiziertes Personal zu gewinnen, wird zunehmend schwieriger. Daher ist es derzeit noch ungeklärt, ob der Betrieb einer weiteren Notunterkunft im Dreischichtbetrieb sichergestellt werden könnte.
„Wir suchen hier nach kreativen Lösungen, wollen aber auf jeden Fall sicherstellen, dass auf professionelle Strukturen zurückgegriffen werden kann, denn das Ehrenamt kann allenfalls kurzfristig helfen. Hier darf der Bogen nicht überspannt werden“, betont Landrat Sven-Georg Adenauer. „Ich bin den ehrenamtlichen Helfern der Hilfsorganisationen und der freiwilligen Feuerwehren für die bisher oft sehr kurzfristig an Wochenenden und nachts geleistete Hilfe überaus dankbar! Wir dürfen das Ehrenamt aber nicht überfordern!“, stellt Adenauer klar. Adenauer sieht hier vor allem auch Bund und Land in der Pflicht: „Beide sind gefordert, auch eigene Immobilen in den Blick zu nehmen und der Bund sollte bereit sein, aus den Reihen der Bundeswehr sanitätsdienstliche Unterstützung zu leisten“.
Der Kreis unterstützt das Land ab dieser Woche in der Zeltstadt in Stukenbrock mit vier Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern. Die zu meisternde Herausforderung beschreibt Adenauer so: „Wir müssen darauf achten, dass die Stimmung nicht kippt und die Hilfsbereitschaft nicht verloren geht. Dazu gehört einerseits, dass wir denen helfen, die aus Not zu uns gekommen sind und unseren Schutz brauchen, aber andererseits auch, dass wir konsequent diejenigen schnell nach Hause schicken, die keine Chance auf ein Bleiberecht haben!“