Plätzchenduft, Geschenkestress, Kerzenlicht: Für viele Menschen sind die Wochen vor Weihnachten eine oft hektische, aber doch schöne Zeit. Schnell vergisst man, dass es nicht allen so geht – Menschen ohne Obdach zum Beispiel. Um für sie trotzdem ein wenig weihnachtliche Stimmung zu verbreiten, hat die Wohnungslosenhilfe der Diakonie Gütersloh wieder zu ihrem traditionellen Weihnachtsfrühstück eingeladen. Im Haus der Begegnung der Evangelischen Kirchengemeinde feierten am Donnerstag rund 70 wohnungslose Menschen und ehrenamtliche Helfer – bei musikalischer Begleitung durch den Posaunenchor Stadt-Mitte.
Der Mann, der vor dem Eingang gerade eine Zigarette raucht, war dieses Jahr zum ersten Mal dabei. Aber es gefalle ihm, sagte er. Die Stimmung sei gut, das Frühstück lecker und reichlich. Wobei er nicht nur zum Essen gekommen sei: „Ich bin obdachlos, helfe hier heute ein wenig aus.“ Normalerweise besuche er regelmäßig die Wohnungslosenberatung an der Schulstraße, die auch seine offizielle Meldeadresse ist – für Post vom Amt zum Beispiel. „Heute will ich mal ein bisschen etwas zurückgeben.“
Damit war er einer von rund zehn ehrenamtlichen Helfern, die am Donnerstagmorgen beim mittlerweile 27. Weihnachtsfrühstück der Wohnungslosenhilfe und bei immerhin mehr als 70 Gästen alle Hände voll zu tun hatten. Verstärkt wurde das Team von Joachim Martensmeier, Sozialdezernent der Stadt Gütersloh, und seiner Assistentin Annette Wegner. Beide backten zusammen Plätzchen, die noch ofenwarm auf die Tische kamen. Auch das hat mittlerweile Tradition: Vor etwa acht Jahren hatte der Sozialdezernent zum ersten Mal beim Weihnachtsfrühstück als Plätzchenbäcker ausgeholfen – und danach immer wieder. „Eigentlich war das als einmalige Aktion gedacht“, erinnerte sich Martensmeier. Aber dann habe es so viel Spaß gemacht, dass er seitdem immer wieder dabei war. Gleiches gilt für Diakonie-Vorstand Björn Neßler, der in diesem Jahr wieder fürs Rührei sorgte. „Es ist zwar noch über eine Woche hin bis Weihnachten“, sagte er, „aber wir hoffen, dass wir bei unseren Gästen schon jetzt für ein wenig festliche Stimmung sorgen können. Und vor allem wollen wir, dass sie sich in dieser Zeit nicht ganz alleine gelassen fühlen. Deswegen möchten wir uns auch noch einmal ganz herzlich bei allen Spendern bedanken.“
Das betonte auch Diakon Volker Heinrich, der Leiter der Wohnungslosenhilfe bei der Diakonie. „Viele von unseren Klienten haben keinen oder nur noch wenig Kontakt zu ihrer Familie – und in der Vorweihnachtszeit belastet das noch mehr als sonst.“ Im Jahr 2017 betreuten er und seine Kollegen bislang 379 obdachlose Menschen (Stand: 30.11.2017). Die meisten von ihnen suchen die Beratungsstelle auf, andere haben Plätze im teilstationären oder im ambulant betreuten Wohnen gefunden – und damit den ersten Schritt auf dem Weg raus aus der Obdachlosigkeit gemacht. Wobei das immer schwieriger wird – schließlich fehle es allerorts an bezahlbarem Wohnraum. „Die Zahl unserer Klienten in der Stadt Gütersloh steigt seit Jahren stetig – 2012 waren es noch 319“, berichtete er. „Vor allem der wachsende Anteil junger Erwachsener zwischen 18 und 21 Jahren macht uns Sorge. In den vergangenen fünf Jahren ist er von sechs auf zehn Prozent gestiegen.“ Die Gründe dafür seien schwer zu benennen – am Zuzug von jungen Geflüchteten liege das aber nicht. Früher Drogenmissbrauch, schwierige Familienverhältnisse, Schulabbruch, keine Ausbildung: „Immer mehr junge Menschen haben schwer zu tragen.“