In einer feierlichen Zeremonie überreichte der landwirtschaftliche Berufsstand am Dienstag (27.9.2016) die Erntekrone vor zahlreichen Gästen aus Politik und Wirtschaft an den Landrat des Kreises Sven-Georg Adenauer. „Mit diesem Brauch, wollen wir die gute Zusammenarbeit zwischen Kreisverwaltung und Landwirtschaft symbolisieren und pflegen“, so Andreas Westermeyer, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Gütersloh. „Zudem möchten wir an die Bedeutung der grünen Berufssparte sowie an die Verbundenheit der Bäuerinnen und Bauern mit den Menschen im Kreis zum Ausdruck bringen.“
Die beiden Ortslandfrauenverbände und die beiden Landwirtschaftlichen Ortsverbänden Herzebrock und Clarholz gestalteten gemeinsam das unterhaltsame Abend-Programm. Sie hatten eine prachtvolle Erntekrone gebunden und den Platz im Foyer des Kreishauses mit vielen Feld- und Herbstfrüchten geschmückt. Musikalisch untermalt wurde die Feierstunde vom Gesang des Landfrauenchores. Landrat Adenauer bedankte sich für die Erntekrone und die schöne Tradition. Sven-Georg Adenauer äußerte Freude und Dankbarkeit. Die Erntekrone verleihe dem Foyer des Kreishauses Raum, Farbe und Glanz. Vor allem aber sei sie Zeichen eines wichtigen Berufsfeldes im Kreis. Er stellte das „gute Miteinander“ von Politik und Landwirtschaft im ländlich strukturierten Kreis heraus. Er verwies darauf, dass der grüne Berufszweig einen festen Platz im Kreis besitze. Er versicherte, die Kreisverwaltung Gütersloh verstehe sich als verlässlicher Partner und unbürokratischer Dienstleister der hiesigen Landwirtschaft.
Das Erntedankfest sei nicht nur Ausdruck des Dankes für die eingebrachte Ernte als Sinnbild für eine gesicherte Lebensmittelversorgung, sondern auch für sichere Lebensumstände. „Wir sehen die Verantwortung, diesen Gedanken angesichts der Krisen in der Welt wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken“, erläutert die stellvertretende Kreislandfrauenvorsitzende Marianne Albrecht. „Wir spüren, dass viele Dinge, die wir lange für selbstverständlich gehalten haben, in Zukunft vielleicht nicht mehr selbstverständlich sein werden.“ Auch wenn die Bauernfamilien in diesem Jahr nicht die erhoffte Ernte einfahren konnten, so bedeutet Erntedank für den Berufsstand Dankbarkeit auch dafür, „dass wir hier in unserer Heimat in Frieden und Freiheit leben können“, erklärt Albrecht. „Landwirtschaft ist, auch wenn wir es heute nicht mehr wahrnehmen, immer noch existenziell.“ Erntedank habe eine weltweite Tradition, nicht nur in Deutschland. In Österreich kenne man beispielsweise Erntedank-Wallfahrten. In Asien wie in China, Taiwan und Vietnam, werde das Erntedankfest meist zusammen mit dem Mondfest zelebriert, um die Ahnen zu ehren und sich für die Ernte zu bedanken.
Das Erntedankfest in Japan sei ein Tag des Dankes für die Arbeit, ein gesetzlicher Feiertag am 23. November. „Von Nordamerika kennen wir den Thanksgiving-Day im November“, so Albrecht. Im Unterschied zu unserem Erntedankfest würden die Amerikaner für jeden Erfolg und für alles Gute danken, das ihnen widerfahren sei. Es seien nur einige Beispiele für die Gemeinsamkeiten, die die Menschen auf dieser Welt miteinander verbinde. Diese Beispiele zeigten ebenso, dass keine Gesellschaft ohne ihre Bauernfamilien auskommen könne. Sie würden den Boden bestellen, den Acker kultivieren, unsere Kulturlandschaft pflegen. Sie seien das erste Glied in der Kette jeder Zivilisation. Landwirtschaft bedeute Leben und Wachstum, Aussaat und Ernte, Tradition, Treue, Pflicht und Verantwortung als innerer Antrieb, da sie generationsübergreifend arbeite.
„Die Landwirte sorgen täglich dafür, dass unser Tisch reichlich gedeckt ist“, erklärt der Vorsitzende Westermeyer. „Die Landwirtschaft ist ein wichtiger Baustein unseres Kreises.“ Der grüne Berufszweig sei Jobmotor, sichere Arbeitsplätze und die Wirtschaft im ländlichen Raum. Dazu sei die Landwirtschaft ein Stabilitätsanker für Konjunktur und Arbeitsmarkt. Die grüne Berufssparte sei in Deutschland eine der größten Arbeitgeber. 4,6 Millionen Beschäftigte seien rund um unsere Lebensmittel tätig. Produkte „Made in Germany“ seien weltweit gefragt. Zu Erntedank bereite den Landwirten allerdings die Preislage insbesondere für die Milch große Sorgen. Unter der Krise würden vor allem Höfe leiden, die in eine artgerechte Haltung investiert hätten. „Wir rechnen mit einer langsamen Verbesserung des Milchpreises zum Jahresende“, berichtet Westermeyer. Bei den Schweinehaltern habe sich die Lage entspannt. Nach einer längeren Durststrecke können sie endlich bessere Preise verbuchen. Sie liegen auf einem nicht hohen, aber ordentlichen Niveau. „Wir hoffen, dass diese Preissituation noch länger anhält, damit finanzielle Löcher gestopft werden können“, so der Vorsitzende. Nach wie vor große Sorgen bereitet den Bauern der Regulierungsdruck. Immer dichter werde der Dschungel an Verordnungen, Gesetzen und Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels. Stetig wachsende Auflagen und immer höher werdende Bürokratie würden zu mehr Wettbewerbsverzerrungen führen und den Strukturwandel noch mehr beschleunigen.
„Die Erntekrone ist zudem ein Dankbarkeitssymbol einer vielfältigen Landwirtschaft im Kreis“, unterstreicht der stellvertretende Kreislandwirt Arnold Weßling. Es gäbe Haupterwerbs- und Nebenerwerbsbetriebe, Öko-, Sonderkultur- oder Direktvermarktungsbetriebe. Die Bauern seien Energie- und Forstwirte, sie erzeugten Bioenergie und nachwachsende Rohstoffe. „Diese Vielfalt ist die Stärke unserer heimischen Landwirtschaft“, betont Weßling. So stehe die Landwirtschaft für viel mehr als x-beliebige Arbeitsplätze. Landwirte würden die Landschaft pflegen und gestalten, nicht nur für das tägliche Essen, sondern auch mit ihrer erzeugten Bioenergie für eine warme Stube sorgen. Dazu gehöre für die Bauern natürlich auch die Bereitschaft, sich zu verändern und ständig neue Wege zu gehen. Die Bauernfamilien seien in der Region verwurzelt, würden in Generationen denken und handeln und eine hohe Verantwortung für ihre Höfe, für ihre Nutztiere, für ihre Umwelt und für sichere Lebensmittel übernehmen. Die heimischen Bauernfamilien seien innovativ und doch traditionsreich, modern und doch bodenständig. „Und alle Bauern eint ihre Beziehung zur Schöpfung, ihre Liebe zum Land, zu ihrem Beruf und der Zusammenhalt in der Familie“, so Arnold Weßling.