Bereits zum fünften Mal fand der jährliche Fachtag „Quo vadis Offene Kinder- und Jugendarbeit …?“ statt. Alle Einrichtungen der Offenen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus dem Kreisgebiet sowie die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses waren eingeladen, sich mit dem Thema „Mehr Demokratie wagen – Demokratiebildung als Aufgabe und Methode in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit“ auseinander zu setzen.
Veranstaltet wurde der Fachtag durch die Jugendpflege des Kreises Gütersloh in der Zentralen Akademie für Berufe im Gesundheitswesen (ZAB). Als Referent und Impulsgeber war Professor Benedikt Sturzenhecker, Leiter des Arbeitsbereiches Sozialpädagogik an der Universität Hamburg, angereist.
Professor Sturzenhecker nahm das Thema „Mehr Demokratie wagen“ von ganz unten auf und erklärte zuerst, was eigentlich Demokratie ist: Volksherrschaft. Vor allem im Hinblick auf die niedrige Wahlbeteiligung – auch im Kreis Gütersloh – sei das Thema hoch aktuell. Demokratie sei mehr, als nur zu wählen. Demokratie sei auch die Form des Zusammenlebens und bestimme dessen Grundprinzipien. Vor allem sei es wichtig, dass Kinder und Jugendliche zunehmend als Bürger gesehen werden, die zu Selbstbestimmung und Demokratiebildung befähigt werden sollten.
Insbesondere die Jugendarbeit habe den Auftrag und das Ziel, die Entwicklung zu demokratischen Bürgern zu fördern: „Kinder sollen nicht zu Eseln werden, nicht zu Ja-Sagern und Mitmachern, sondern selbstbestimmt auch Verantwortung für öffentliche Dinge übernehmen und gemeinsam über Dinge entscheiden“, erklärte Sturzenhecker. Außerdem stellte er die Frage, warum die Besucherinnen und Besucher im Jugendzentrum nicht über den Ablauf oder die Gestaltung der Einrichtung entscheiden sollen? „Von etwas Betroffen zu sein reicht bereits als Legimitation, sich zu beteiligen.“
Sturzenhecker stellte methodische Grundschritte zur Förderung von demokratisch-gesellschaftlichem Engagement vor: Beobachtung von jugendlichem Verhalten, Themenauswertung, Dialog und gezielte Projekte. Seine Ansätze bilden die Grundlage der Methode „GEBe – Gesellschaftliches Engagement Benachteiligter in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit fördern“. Deren Ziel ist es, junge Menschen zur Selbstbestimmung sowie zu gesellschaftlicher Mitverantwortung zu befähigen und zu sozialem Engagement anzuregen. Und damit den gesetzlichen Auftrag der Offenen Kinder- und Jugendarbeit zu erfüllen.
Vier Jugendeinrichtungen aus dem Kreisgebiet haben in diesem Jahr bereits an einer mehrmonatigen Fortbildung in der GEBe-Methodik teilgenommen und diese in ihren Arbeitsalltag integriert. Sie berichteten über ihre praktischen Erfahrungen und Herausforderungen bei der Umsetzung sowie über positive Veränderungen. Dies sind zum Beispiel ein geschärfter Blick für die Themen und Bedürfnisse der Jugendlichen sowie eine erhöhte Zufriedenheit auf Seiten der Jugendlichen und Mitarbeiter, da die Angebote durch die neue Methodik näher an den tatsächlichen Bedarfen der Kinder und Jugendlichen angepasst werden konnten. Über gelungene Projekte wurde ebenfalls berichtet: Die gemeinsame Gestaltung von Räumen in den Einrichtungen, die Einführung eines ehrenamtlichen Thekendienstes durch Jugendliche oder die Auseinandersetzung mit dem Thema Drogen.
Im Plenum wurde anschließend thematisiert, welche Auswirkungen die Methodik auf den jährlichen Wirksamkeitsdialog hat. In dem treten die Jugendpfleger des Kreises mit den Fachkräften in den Jugendhäusern in den Austausch über Erfolge und Schwierigkeiten in der Jugendarbeit. Die Ergebnisse dieses Dialoges werden in den lokalen Ausschüssen sowie im Jugendhilfeausschuss des Kreises vorgestellt. Dabei wurden bisher Angebote wie Kinoveranstaltungen oder Ausflüge aufgelistet und Statistiken über Besucherzahlen präsentiert.
Dies sage jedoch wenig über die tatsächliche Qualität der Arbeit aus, so die Meinung der Fachkräfte. Wenn beispielsweise im offenen Treff erkannt wird, dass in einer Gruppe von Jugendlichen einzelne Drogen konsumieren, andere es aber ablehnen, macht ein gezieltes Angebot Sinn, welches den Jugendlichen eine Auseinandersetzung mit diesem Thema ermöglicht. Genauso mit positiven Themen, wie der Frage nach einer beruflichen Perspektive. Dies soll zukünftig ebenfalls dargestellt werden und nicht nur reine Daten und Zahlen.