Der Kreis Gütersloh im Jahr 2030: Deutlich mehr ältere Menschen, weniger Kinder und Jugendliche. Wie soll eine ältere Dame über 80 noch zum Supermarkt und zum Arzt kommen? Wie können Kinder zur Schule kommen, wenn sich ein halbleerer Bus kaum noch finanzieren lässt? Wie lange steht man im Stau, wenn der Güterverkehr und damit das Lkw-Aufkommen weiter zunehmen?
Um für diese und andere Herausforderungen gewappnet zu sein, entwickelt der Kreis Gütersloh gemeinsam mit den Städten und Gemeinden eine Mobilitätsstrategie. Sie soll gewährleisten, dass auch in Zukunft noch alle Bürgerinnen und Bürger so mobil sind, dass sie ihren Bedürfnissen nachgehen können. Im Rahmen eines Expertenworkshops identifizierten Fachleute im Kreishaus Gütersloh Probleme, sammelten Ideen und diskutierten Lösungsansätze.
Da Mobilität die unterschiedlichsten Sektoren wie etwa Wirtschaft, Gesundheit, Bildung oder Umwelt betrifft, hatte Frank Scheffer, Fachbereichsleiter Bauen und Umwelt, Akteure aus sämtlichen Bereichen eingeladen: Kommunale Planer, Klimaschützer, Vertreter von Fahrradverbänden, Wirtschaftsvertreter, Schulämter, Seniorenbeiräte, Bürgerinitiativen und viele mehr. In sechs Gruppen diskutierten die rund 60 Experten zu verschiedenen Teilbereichen der Mobilität, wie zum Beispiel dem öffentlichen Nahverkehr, der zukünftigen Rolle des Autos oder der Mobilitätskultur. Der Kreis Gütersloh fängt nicht bei Null an: Viele Projekte sind bereits umgesetzt, angestoßen oder in Planung. Welche das sind, veranschaulichte den Fachleuten eine große Karte. Etwa die Mitgliedschaft der Stadt Rietberg in der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Städte und Gemeinden oder das Disco-Taxi in Schloß Holte-Stukenbrock.
‚Starke Nahmobilität‘ lautete der Titel der Gruppe, in der sich die meisten Experten versammelten. Ein mögliches Ziel in diesem Bereich: Im Kreis Gütersloh werden bis zum Jahr 2050 40 Prozent aller Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad absolviert. Aktuell sind es etwa 31 Prozent und gerade bei Strecken unter zwei Kilometern ist das Potenzial für den Umstieg vom Auto auf Alternativen sehr hoch. Im Kreis Gütersloh werden 53 Prozent dieser Kurzstrecken mit dem Auto zurückgelegt. Dies sind beides Ergebnisse der Mobilitätsbefragung aus dem vergangenen Jahr, die der Kreis Gütersloh zusammen mit dem Verkehrsverbund Ostwestfalen-Lippe (VVOWL) im Internet gemacht hatte. Aber auch für längere Strecken gibt es ein hohes Umsteigepotenzial. Gernot Steinberg, Geschäftsführer des Planungsbüros ‚Planersocietät‘, das die Mobilitätsstrategie begleitet, verwies auf die Pedelecs, also Fahrräder mit eingebautem Elektromotor. „Im Jahr werden davon 400.000 Stück in Deutschland verkauft. Damit lassen sich auch weite Strecken schneller und bequemer überbrücken.“
Die Ergebnisse des dreistündigen Arbeitstreffens werden jetzt ausgewertet. Zusammen mit den Ergebnissen der Mobilitätsbefragung, vielen konzeptionellen Grundlagen aus den Kommunen und Best-Practice-Beispielen bilden sie einen Baustein für die kreisweite Mobilitätsstrategie. Die Strategie mit dem Motto ‚Mobilität stärken, Verkehr optimieren‘ soll bis zum Jahresende fertig gestellt sein, sodass ab Januar 2016 mit der Umsetzung begonnen werden kann.
Die nachhaltige Gestaltung der Mobilität – eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahre im Kreis Gütersloh – wirkt sich nicht nur auf die Wirtschaft, die Gesundheit oder die Umwelt stark aus, sondern beeinflusst vor allem eines maßgeblich: Die Lebensqualität. Daran erinnerte Steinberg mit einem Zitat eines Stadtplaners, der einmal gefragt worden ist, woran man Lebensqualität in einer Stadt erkenne: „Schauen Sie, wie viele Kinder und alte Menschen auf Straßen und Plätzen unterwegs sind. Das ist ein ziemlich verlässlicher Indikator.“