Erntedank heißt es wieder. Ein Tag, um Dank zu sagen und Rückschau zu halten. „Wir konnten in diesem Jahr eine normale Ernte einfahren, allerdings mit enormen Schwankungen“, so der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Gütersloh Andreas Westermeyer. Witterungsmäßig und damit ackerbaulich sei es ein interessantes Jahr mit Überraschungen gewesen.“ Wenig zufriedenstellend sei die Preissituation. Die Landwirte litten in nahezu allen Produktbereichen unter niederschmetternden Preisen.
Der Witterungsverlauf war geprägt von einem milden Winter, zu kaltem und trockenem Frühjahr sowie Frühsommer und Hitzeperioden im Sommer. Der Juli konnte sogar alle Hitzerekorde brechen: Er war der heißeste Monat seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen im Jahr 1880. Viele Landwirte, die auf Grund der starken Trockenheit mit schlechten Ernteergebnissen gerechnet hatten, wurden positiv überrascht. „Wir haben Glück gehabt und sind mit einem blauen Auge davon gekommen“, resümiert der Vorsitzende. Von gut bis schlecht: Die Erträge von Getreide und Raps liegen in diesem Jahr regional sehr unterschiedlich. Je nach Bodengüte haben die Pflanzen die Frühjahrstrockenheit unterschiedlich überstanden. „Doch auf den leichteren Standorten seien die Ergebnisse erstaunlicherweise besser ausgefallen als erwartet“, berichtet Westermeyer.
Wie war der Ernteverlauf? Die Landwirte konnten ihre sommerlichen Erntearbeiten aufgrund des Wetters deutlich entspannter verrichten als im Jahr zuvor. Denn 2014 machte ihnen vor allem der regnerische August einen Strich durch die Rechnung. „Der Sommer hat uns in diesem Jahr weitgehend gutes Erntewetter beschert“, unterstreicht der Vorsitzende. „Allerdings gab es immer wieder Regenfälle, die zu Unterbrechungen führten, vor allem zum Ende der Ernte.“
Wie sehen die Ergebnisse im Einzelnen aus? „Die Gerste ist in diesem Jahr die herausragende Ackerfrucht gewesen mit teilweise sogar sehr guten Erträgen“, berichtet Westermeyer. Aufgrund der Trockenheit hatten die Bauern in der Region schlechtere Erträge erwartet. Doch die Trockenheit konnte der Gerste nichts mehr anhaben, sie war schon weit abgereift. Ähnlich sieht es bei dem Roggen, dem Futtergetreide Triticale (Kreuzung aus Weizen und Roggen) und dem Hafer aus: Auch diese Halmfrüchte schnitten ganz ordentlich ab. Westermeyer: „Sie haben die Vorsommertrockenheit ebenfalls gut bewältigen können.“ Der Weizen fiel hingegen unterdurchschnittlich aus mit erheblichen Spannbreiten. Hier kommen die regionalen Unterschiede stark zum Tragen. Darüber hinaus war der Raps enttäuschend mit deutlichen Mindererträgen. Die Gründe: Im Herbst 2014 herrschten wegen der Nässe schwierige Aussaatbedingungen. Auf einigen Feldern war kaum eine Aussaat möglich. Nach vielfach schlechtem Feldaufgang musste sogar vereinzelt neu ausgesät werden. Die Ölfrucht konnte sich aber dann aufgrund des milden Winters überwiegend ausreichend entwickeln. Allerdings litt die Ackerfrucht später im Frühjahr ebenso unter der Trockenheit.
Noch ist nicht alles unter Dach und Fach: „Beim Silo- und beim Körnermais rechnen wir mit durchschnittlichen bis guten Erträgen“, schildert Westermeyer. Die Futterpflanze habe zwar unter der Trockenheit im Frühjahr gelitten, konnte ihren Vegetationsrückstand aber wieder gut aufholen. Bei den Zuckerrüben erwarten die Bauern eine normale Ernte mit durchschnittlichen Zuckergehalten. Hier hoffen die Landwirte auf einen schönen Herbst mit viel Sonne und kühlen Nächten, damit die Rüben noch viel Zucker einlagern können. Bei den Kartoffeln ist von einer zufriedenstellenden Ernte auszugehen. „Die Qualitäten sind in Ordnung“, beschreibt der Vorsitzende. „Doch auch ihnen fehlte der Regen.“ Erfreulich sei, dass die Kartoffelpreise deutlich besser ausfielen, als im letzten Jahr mit absolut desaströsen Preisen.
Sorgen bereiten den Bauernfamilien derzeit die desolaten Erzeugerpreise für Milch, Fleisch und Getreide sowie die kostentreibenden Auflagen. Wirtschaftlich besonders unter Druck stehen die Sauenhalter und Milchbauern. „Wir haben eine echte Marktkrise, allerdings mit politischer Ursache“, erläutert Westermeyer im Hinblick auf das Russland-Embargo: „Wir Bauern zahlen einen hohen Preis für die politisch motivierten Eingriffe in den Markt.“ Die Probleme, die im Kern eine politische Ursache hätten, müssten mit politischen Lösungen angegangen werden. „Aber auch vom Lebensmitteleinzelhandel erwarten wir eine deutlich stärkere Berücksichtigung unserer preislichen Situation“, so der Vorsitzende. „Lebensmittel sind mehr Wert und haben ihren Preis! Es gelte nicht nur über Nachhaltigkeit zu reden und sie zu fordern, sondern auch, danach zu handeln. Der Vorsitzende erinnert zu Erntedank: „In unserer satten Gesellschaft wird oft vergessen, dass eine mehr als ausreichende Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln keine Selbstverständlichkeit ist.“ Stattdessen werde das Tun der bäuerlichen Familien mehr und mehr hinterfragt. Westermeyer erläutert, dass sich die Landwirtschaft permanent im Wandel befinden würde. „Neuerungen werden im Blick genommen, dürfen die Höfe aber wirtschaftlich nicht überfordern“, so der Vorsitzende. Das Wünschenswerte müsse mit dem ökonomisch Machbaren in Einklang gebracht werden.