Als der 5-jährige Ahmad Bashir Sharafuddin im Klinikum Gütersloh ankam, hatte er nur ein T-Shirt, eine Hose, Schuhe und einen kleinen Teddy dabei. „Inzwischen ist sein ganzes Zimmer voll mit Spielsachen und anderen Geschenken“, sagt Oberarzt Dr. Michael Stoffels. Das größte Geschenk jedoch machte das Team rund um Chefarzt Dr. Bernd Ruhnke dem Jungen aus Afghanistan im Operationssaal: Ahmad kann endlich wieder richtig zugreifen.
Seit einem Verbrühungsunfall vor knapp zweieinhalb Jahren konnte er die linke Hand nicht mehr richtig öffnen: „Die Finger sind nach dem Unfall in einer Beugungskontraktur zusammengewachsen: Der Mittelfinger ist bei der Vernarbung des Gewebes nach unten zu einer Hohlhand eingekrümmt, Ring- und kleiner Finger waren in ihrer Beweglichkeit ebenfalls eingeschränkt“, erklärt Dr. Stoffels. „Um Ahmad wieder ein normales Greifen zu ermöglichen, haben wir die bestehenden Narbenstränge aufgebrochen und gegeneinander verschoben. So konnte die Hand wieder geöffnet und die stark vernarbte Haut mit Transplantationen wiederhergestellt werden.“
Damit die Hand beweglich bleibt, hat Ahmed nach der Operation Unterstützung aus der Physiotherapie des Klinikums bekommen, wo regelmäßig Übungen mit ihm gemacht wurden. „Darüber hinaus muss er seine Hand viel eincremen und einen Kompressionshandschuh tragen, der vom Sanitätshaus Mitschke maßgefertigt und kostenlos zur Verfügung gestellt wurde“, sagt Dr. Iris Held, leitende Oberärztin der Klinik. „Zusätzliche Unterstützung haben wir im Behandlungsverlauf außerdem durch Ergotherapeutin Nicole Hentschel aus Bielefeld bekommen, die uns individuell angepasste Schienen zur Nachbehandlung zur Verfügung stellte.“
Ahmad wurde über die Organisation Friedensdorf an das Klinikum Gütersloh vermittelt. Die Organisation aus Oberhausen bietet kranken und verletzten Kindern aus von Kriegen und Krisen geschwächten Heimatländern wie Afghanistan und Angola Hilfe, indem sie diese zur medizinischen Versorgung nach Deutschland holen. „Das Friedensdorf bittet bei Fachkliniken in Deutschland regelmäßig um die kostenlose Behandlung der kleinen Patienten“, erzählt Chefarzt Dr. Bernd Ruhnke. In der Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie wurden in den vergangenen zehn Jahren bereits mehrere Kinder aus dem Friedensdorf erfolgreich behandelt. „In den letzten Jahren konnten wir uns über Spenden der Firmen Tönnies, Miele und Bertelsmann freuen, die die Operation und die Therapie finanziell unterstützt haben“, so Dr. Ruhnke. Dieses Mal trägt das Klinikum die Kosten für die Behandlung weitestgehend selbst. Neben der kostenlosen Operation, Therapie und Pflege durch die Krankenhäuser ist das Friedensdorf darüber hinaus auf Spenden angewiesen, durch die die Flugkosten sowie die Unterbringung im Friedensdorf in Oberhausen finanziert werden. Bei allen Kindern, die im Friedensdorf aufgenommen werden, ist eine medizinische Behandlung in ihrer Heimat nicht möglich und ihre Familien können sich selbst keine Behandlung im Ausland, wo eine Operation erfolgsversprechend ist, leisten.
Der kleine Junge aus Afghanistan hat während seines Aufenthalts die Herzen der Mitarbeiter des Klinikums im Sturm erobert. Bei seiner Ankunft in Gütersloh konnte er noch kein Wort Deutsch, inzwischen versteht und spricht er viel. „Er war sehr tapfer, besonders beim Ziehen der Drähte“, so Dr. Stoffels. Nach rund fünf Wochen in Gütersloh ist Ahmad nun zur Rehabilitation ins Friedensdorf zurückgebracht worden. Dort werden die Wunden weiter versorgt und er wird weiterhin im Umgang mit Medikamenten, Cremes und Hilfsmitteln unterstützt. Nach der Reha wird Ahmad wieder zu seiner Familie in seine Heimat nach Afghanistan zurückkehren.