Eltern in Deutschland geben jährlich 879 Millionen Euro für private Nachhilfestunden aus. Pro Monat investieren sie für ihre Kinder durchschnittlich 87 Euro in außerunterrichtliche Fördermaßnahmen. Das geht aus einer Studie der Bertelsmann Stiftung hervor, die von Professor Klaus Klemm und Nicole Hollenbach-Biele auf Basis einer repräsentativen Elternbefragung erstellt wurde.
Laut der Studie erhalten insgesamt 14 Prozent der Schüler zwischen 6 und 16 Jahren privat finanzierte oder kostenfreie Nachhilfe. Im Osten nehmen 16 Prozent der Schulkinder Nachhilfe in Anspruch, im Westen 13 Prozent. Schüler aus finanzstarken Familien (ab 3.000 € Haushaltsnettoeinkommen) nutzen mit 15 Prozent Nachhilfe etwas häufiger als Schüler aus Haushalten mit geringeren Einkommen (12 Prozent). Kinder und Jugendliche ohne Migrationshintergrund erhalten eher Nachhilfe als solche mit ausländischen Wurzeln (14 zur 11 Prozent).
Mit dem Wechsel von Grund- zu weiterführenden Schulen steigt der Nachhilfebedarf: Erhalten in der Grundschule knapp 5 Prozent der Kinder Nachhilfe, sind es in den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe insgesamt rund 18 Prozent. Am häufigsten verbreitet ist die Lernunterstützung an Gymnasien: Fast jeder fünfte Gymnasiast (18,7 Prozent) nutzt Nachhilfe. „Nachhilfe darf kein Ersatz für fehlende individuelle Förderung sein. Gerade die weiterführenden Schulen müssen sich noch besser auf die Vielfalt ihrer Schüler einstellen“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.
Am häufigsten nutzen Schüler Nachhilfe in Mathematik (61 Prozent aller Nachhilfeschüler) gefolgt von den Fremdsprachen (46 Prozent) und Deutsch (31 Prozent). Unbefriedigende Zensuren sind dabei nicht unbedingt ausschlaggebend. In Mathematik haben zwar 63 Prozent der Nachhilfeschüler bestenfalls ausreichende Zensuren (Notendurchschnitt 4 – 6). Doch rund jeder Dritte (34 Prozent) nutzt die zusätzliche Förderung auch bei befriedigenden bis sehr guten Leistungen (Notendurchschnitt 1 - 3).
Überraschend: Nur gut zwei Drittel der Eltern zahlen für die Nachhilfe ihrer Kinder (69 Prozent). Ob sie die Fördermaßnahmen privat finanzieren, hängt auch von der Organisationsform der Schule ab. Schüler an Halbtagsschulen erhalten laut Elternangaben in 20 Prozent aller Fälle kostenfreie Angebote. An offenen Ganztagsschulen sind es 25 Prozent; an gebundenen Ganztagsschulen, wo feste Betreuungszeiten außerhalb des Unterrichts geregelt sind, profitiert ein gutes Drittel (34 Prozent) von kostenlosen Nachhilfeangeboten.
Der Ausbau von Ganztagsschulen müsse weiter vorangetrieben werden, fordert Jörg Dräger. „Bildungschancen dürfen nicht von privat finanzierter Nachhilfe abhängen. Ganztagsschulen bieten einen guten Rahmen für zusätzliche und individuelle Förderung.“