Gelenkersatz ist Vertrauenssache. Patienten suchen sich deshalb gerade in diesem Fachbereich einen Operateur aus, der einerseits große chirurgische Erfahrung aufweisen kann, ihnen andererseits aber auch zuhört und sich Zeit nimmt für ihre Fragen. 15 Jahre lang war Dr. Eugen Klein genau solch ein Chefarzt, zunächst im Evangelischen Krankenhaus in Rheda, ab 2005 dann im Klinikum Gütersloh. Heute haben ihn rund 80 langjährige Kollegen und Weggefährten in den Ruhestand verabschiedet.
„‘Ein Arzt heilt selten, hilft häufig und beruhigt immer. Und wenn er nicht beruhigen kann, ist er kein Arzt mehr‘ – nach dieser Maxime von Avicenna Ibn Sina habe ich stets versucht zu handeln“, so Dr. Klein. Es sei ihm immer ein Anliegen gewesen, sich viel Zeit für die Patienten zu nehmen und sie mit ihren Sorgen und Ängsten nicht allein zu lassen, sagt er. „Ich glaube, meine Popularität habe ich mir nicht unbedingt nur damit erarbeitet, dass ich ein guter Chirurg bin, sondern vor allem auch damit, dass ich meinen Patienten viel Zeit gewidmet habe.“ Viele von ihnen haben den Kontakt über Jahre hinweg aufrechterhalten und bei Bedarf auch weitere Prothesen bei Dr. Klein einsetzen lassen.
Gestartet hat Dr. Klein seine medizinische Laufbahn in der ehemaligen UdSSR, wo er Medizin in Sankt Petersburg (damals Leningrad) studierte und als Stationsarzt und anschließend als Chefarzt einer Abteilung für onkologische Chirurgie arbeitete. Anfang der 1980er Jahre siedelte er nach Deutschland um und war hier unter anderem in Krankenhäusern in Bielefeld, Rinteln, Dortmund und Mettmann tätig. Im Jahr 2001 wechselte er als Chefarzt für die chirurgische Abteilung in das Evangelische Krankenhaus in Rheda. „Schon damals war das Haus von der Schließung bedroht und man wusste nicht, ob es Bestand haben wird“, erinnert sich Dr. Klein. „Die Abteilung befand sind im freien Fall und wir mussten hart arbeiten, um das Haus wieder auf eine solide Basis zu stellen.“
Nach und nach entwickelte sich ein Schwerpunkt in der Endoprothetik, dem künstlichen Gelenkersatz. „Die Fallzahlen in der Endoprothetik, aber auch in der Fuß- und Unfallchirurgie nahmen zu, die Betten waren gut ausgelastet“, so Dr. Klein. Es herrschte eine familiäre Atmosphäre, die auch für die Patienten zu spüren war. „Aufgrund des neuen DRG-Systems in der Krankenhausfinanzierung wurde es jedoch immer schwieriger, wirtschaftlich zu arbeiten, weshalb das Haus 2005 erstmals geschlossen wurde.“ Das Klinikum Gütersloh übernahm das Krankenhaus in Rheda, so dass der Betrieb noch bis 2013 weiterlaufen konnte, bevor die Betriebsstätte wegen zu hohen finanziellen Verlusten und großem Investitionsstau endgültig schließen musste. Die Abteilung für Chirurgie aus Rheda wurde am Standort Gütersloh integriert. „Es war der Verdienst des Klinikum Gütersloh und von unserer Geschäftsführerin Maud Beste, dass alle Kollegen aus Rheda übernommen wurden und keiner seinen Arbeitsplatz verloren hat“, blickt Dr. Klein zurück.
Während all der Jahre war es ihm wichtig, sein Wissen auch an andere Fachkollegen aus dem Ausland weiterzugeben, vor allem an Ärzte aus Osteuropa: „Insbesondere die Kollegen in der Ukraine und in Russland hängen der medizinischen Entwicklung nach bzw. haben gar keinen Zugriff auf die neuesten medizinischen Produkte. Gleichzeitig sieht man in diesen Ländern sehr schwere Krankheitsbilder, die hier in Deutschland gar nicht erst so weit fortgeschritten wären – schlicht, weil kein Geld für die Operationen da ist. Hier möchte ich unterstützen, so dass meine Kollegen ihre Technik verbessern können und neue, moderne Verfahren kennenlernen.“ Einige der Kontakte halten nun schon über 20 Jahre und sind geprägt von vielen gegenseitigen Besuchen, die Dr. Klein auch in seinem Ruhestand aufrechterhalten möchte. „Gerade vor einer Woche war ich in Krivoi Rog, einer peripheren Industriestadt in der Ukraine, und habe den Kollegen dort an drei Tagen bei schwierigen Operationen ausgeholfen. Drei von ihnen sind jetzt hierher nach Gütersloh gekommen und schauen nun bei für sie neuen Methoden zu, zum Beispiel bei Knie-Endoprothesen mit individuell angefertigten Schnittblöcken sowie bei minimal-invasivem Hüftgelenkersatz.“
Den Staffelstab an seinen Nachfolger Dr. Frank Hellwich hat Dr. Klein schon im Januar 2015 übergeben. Seitdem hat er sich nach und nach mehr zurückgezogen und zuletzt nur noch einige Tage im Monat im Klinikum operiert. „Mit Dr. Hellwich hat das Klinikum einen ausgewiesenen Spezialisten als Leiter der Abteilung für Orthopädische Chirurgie, dessen Fachwissen breit gefächert ist. Ich weiß, dass meine ehemalige Klinik mit ihm gut gerüstet ist für die Zukunft“, so Dr. Klein.