Das große, mit Efeu bewachsene Gebäude in unmittelbarer Nähe der Weberei wirkt eher unscheinbar. Doch was sich im Inneren abspielt, ist für jeden Gütersloher im Alltag sichtbar.
Denn ob zu Hause das Licht brennt, hängt davon ab, ob hier alles reibungslos funktioniert. Die Rede ist vom Umspannwerk Domhof der Stadtwerke Gütersloh. Als eines von drei Umspannwerken versorgt es die ganze Stadt mit Strom. Kürzlich waren routinemäßige Reparaturarbeiten an einem Bauteil notwendig. Um diese gefahrlos durchführen zu können, wurde einer der beiden Transformatoren im Domhof vom Netz genommen – ganz ohne Auswirkungen für die Stromversorgung. Die dafür notwendigen Schaltarbeiten übernahmen Nachwuchskräfte der Netzgesellschaft Gütersloh.
Unter Spannung: Umspannwerk wandelt elektrische Energie um
Aber von Anfang an: Innerhalb der Stromversorgung dienen Umspannwerke dazu, die verschiedenen Spannungsebenen miteinander zu verbinden. Am Domhof stehen dafür in großen Hallen zwei riesige Transformatoren. Wer genau hinhört, hört ein ständiges Brummen – hier fließt Strom. Und davon eine ganze Menge: Beide Trafos wandeln 110.000 Volt elektrische Energie von der Hochspannungsebene in 10.000 Volt für das sogenannte Mittelspannungsnetz, also das Gütersloher Stadtnetz um. Rund 40 Megawatt Leistung erbringt jeder Trafo. Über Schaltanlagen wird die elektrische Energie dann im Versorgungsgebiet der Netzgesellschaft Gütersloh verteilt und über rund 620 Trafostationen im Stadtgebiet an die Kunden weitergeleitet.
Geübt, aber nicht alltäglich – Nachwuchskräfte übernehmen die Schaltung
Damit in unmittelbarer Nähe des 110-kV/10-kV-Trafos die notwendigen Reparaturarbeiten durchgeführt werden können, muss der „Großumspanner“ spannungsfrei geschaltet werden, sodass kein Strom mehr fließen kann. Die notwendigen Schaltarbeiten, die zwar geübt, aber nicht alltäglich sind, übernehmen die drei jungen Nachwuchskräfte Luke Kamp, Noah Klaucke und der Elektroniker-Azubi Kian Czejewski unter der Verantwortung ihres erfahrenen Kollegen Andreas Vormann aus dem Team der Netzüberwachung. „Um den Trafo so zu schalten und zu erden, dass Arbeiten in den umliegenden Bereichen möglich sind, erfordert es eine genaue Absprache zwischen den Beteiligten“, erklärt Andreas Vormann. „Für eine gewisse Schaltdisziplin, die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften und die entsprechende Kommunikation mit der Netzleitstelle ist eine gute Zusammenarbeit untereinander und viel Übung erforderlich.“ Umso wichtiger ist es für das Team der Netzgesellschaft daher, das vorhandene Wissen über diese Abläufe in der Praxis an die Nachwuchskräfte weiterzugeben. „Dabei befolgen die Elektroniker fünf Sicherheitsregeln“, unterstreicht Vormann. „Freischalten, gegen Wiedereinschalten sichern, Spannungsfreiheit feststellen, erden und kurzschließen sowie benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken.“
Schalt- und Gesprächsmuster für eine erfolgreiche Freischaltung
Dann geht es nach einem genauen Schalt- und Gesprächsmuster los: Um den Großumspanner gefahrlos vom Netz zu nehmen, muss jeder Arbeitsschritt aufeinander abgestimmt sein. Dazu nehmen die drei Elektroniker im Umspannwerk telefonischen Kontakt zur Netzleitstelle der Gütersloher Netzgesellschaft auf. Von dort aus werden die drei Gütersloher Umspannwerke gesteuert und überwacht. Zunächst erfolgt die sogenannte Freischaltung an den Schaltanlagen. Dabei wird ein vorher abgesprochener Teil des Stromnetzes abgeschaltet. Nacheinander wird an den betroffenen Schaltanlagen zuerst ein Schalter von außen durch die Leitstelle ausgeschaltet. Anschließend erfolgt die Schaltung direkt vor Ort. Mehrmals ertönt im Umspannwerk ein lauter Knall: Der große Trafo ist vom Netz genommen. An den abgeschalteten Schaltschränken werden Warnschilder mit dem Hinweis „Nicht Schalten – Gefahr vorhanden“ befestigt, denn die Sicherheit hat weiterhin oberste Priorität.
Keine Spannung, geerdet und gesichert
Ob jetzt wirklich keine Spannung mehr auf den einzelnen Phasen des Transformators fließt, wird mit Hilfe eines Prüfgeräts kontrolliert. Das grüne Lämpchen leuchtet auf und Luke Kamp bestätigt: „Keine Spannung.“ Bevor die Reparaturarbeiten am Bauteil in der Nähe des Trafos beginnen können, muss die elektrische Anlage noch geerdet werden. Über Stäbe wird eine leitende Verbindung der einzelnen Phasen des 110-kV/10-kV-Trafos mit dem Erdboden hergestellt. Mögliche gefährliche Ladung kann so in den Boden abfließen. Dadurch sind die Elektroniker vor möglichen Stromschlägen geschützt. Das Team bestätigt: „Alles sicher“. Jetzt können zwei Anlagenmechaniker der Stadtwerke Gütersloh mit den eigentlichen Reparaturarbeiten am Bauteil starten.
Um den Trafo anschließend wieder ans Netz zu bringen, wird die Freischaltung mit einem ähnlichen Schalt- und Gesprächsmuster wieder rückgängig gemacht – alles nach einem genauen Plan zur Sicherheit von Menschen und Anlage. Übrigens: Die Stromversorgung für ganz Gütersloh ist während der Abschaltung natürlich weiterhin gewährleistet. Die beiden anderen Umspannwerke sowie der zweite Trafo am Domhof übernehmen die volle Leistung. Die Gütersloher Stromkunden bemerken also nichts davon. Damit alles reibungslos funktioniert, ist vorab ebenfalls eine exakte Planung und Steuerung durch die Netzleitstelle erforderlich.
Bilder: Über die Schaltanlagen wird die elektrische Energie im Versorgungsgebiet der Netzgesellschaft Gütersloh verteilt. & Über den telefonischen Kontakt zur Netzleitstelle wird die Freischaltung nach einem abgestimmten Schalt- und Gesprächsmuster durchgeführt. (Fotos: Stadtwerke Gütersloh GmbH)