Gütersloh, 27. März 2015 – Aus den Büschen blitzten bunte Ostereier hervor, am Gebäude hingen blau-weiße Wimpel: Mit einem Fest wurde gestern das neue Diakonie Stadtteilzentrum an der Fröbelstraße 1 – 3 eingeweiht. Das umfasst nicht nur den seit 1999 bestehenden Nachbarschaftstreff, sondern auch das neue Büro der „Beratung Leben & Wohnen“. Hilfe in sozialen Belangen finden hier ab sofort alle Menschen aus dem Quartier rund um die Fröbelstraße sowie alle Mieter des Wohnungsunternehmens LEG im Kreis Gütersloh. Diakonie und LEG haben das Projekt gemeinsam realisiert.
Die neue Beratungsstelle bündelt dabei verschiedene soziale Dienste der Diakonie an einem Ort – etwa die Erziehungsberatung, den Jugendmigrationsdienst oder die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung. Solche Angebote existierten bislang nur getrennt voneinander an verschiedenen Standorten. Diese bisherigen Anlaufstellen bleiben weiter bestehen – das neue Büro kommt ergänzend hinzu. Im Fokus der Beratungsstelle steht indes die Wohnungssicherung: Die Mitarbeiter werden präventiv tätig, wenn einem Mieter etwa durch säumige Zahlungen oder anderes mietwidriges Verhalten der Verlust der Wohnung droht. Denn eine neue Bleibe zu finden, wird laut Diakonie immer schwieriger – preiswerte Wohnungen sind rar. Die Einrichtung des Büros ist dabei die zweite Stufe der „Wohnquartierorientierten Hilfen“ – so der Name der „Beratung Leben & Wohnen“ in der Anfangsphase (siehe Infokasten).
Was sich die Beteiligten genau bei dem Konzept gedacht hatten, das erfragte Moderator und Radio-Journalist Ralf Bosse gestern in einer Podiumsdiskussion – die nicht auf einer Bühne, sondern auf der Wiese direkt zwischen Nachbarschaftstreff und Beratungsstelle stattfand. „Meistens bringen Betroffene ja nicht nur ein einziges Problem mit“, erklärte Diakon und Projektleiter Volker Heinrich, warum sich die neue Beratungsstelle nicht nur mit dem Thema Wohnungssicherung befasst. Mit dem Präsenzbüro sei man nun genau dort, wo solche Hilfen besonders benötigt werden. „Für die Menschen vor Ort wird es nun einfacher sein, Hilfe zu bekommen“, lobte Pfarrer Eckhard Heidemann von der Evangelischen Kirchengemeinde Gütersloh, der das neue Stadtteilzentrum im Anschluss an die Diskussion einsegnete. „Wo der Schuh auch gerade drückt: Hier finden alle Rat und Hilfe.“
Die Präsenz vor Ort ist dabei besonders wichtig – sie soll den Zugang der Menschen zu sozialen Hilfen erleichtern. „Lange Wege stellen Barrieren dar“, erklärte Linda Gisewski vom Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NRW. Auch den präventiven Ansatz, drohendem Wohnungsverlust frühzeitig zu begegnen, lobte sie. Das Land hat das Gütersloher Projekt über das Programm „Obdachlosigkeit vermeiden“ mit 15.000 Euro gefördert.
Der Bedarf an einer solchen Dienstleistung ist aus Sicht von Wolfgang Sieveking, Leiter des Fachbereichs Familie und Soziales der Stadt, gegeben. „Die Wohnungsnot in Gütersloh ist groß“, sagte er. Immer mehr Menschen befänden sich in der Wohnungssicherung, 2014 hätten 141 Haushalte im Stadtgebiet entsprechende Beratung benötigt. Im ersten Quartal 2015 seien es schon 51 gewesen – hochgerechnet aufs Gesamtjahr ergebe sich damit ein deutliches Plus.
Dass sich der neue Service auch tatsächlich etablieren wird, davon ist Dietrich Dünhölter, Leiter des Nachbarschaftstreffs, überzeugt. „Hier leben viele verschiedene Nationalitäten, das ist nicht immer leicht. Gleichzeitig treffen die Menschen sich hier bei uns.“ Das sei auch der Ansatz für das gemeinsame Angebot von Nachbarschaftstreff und „Beratung Leben & Wohnen“. „Wir wollen hier nichts vermeiden, wir wollen, dass die Leute aufeinander zugehen.“
„Solche Hilfen müssen natürlich auch angenommen werden“, sagte zudem Diakonie-Vorstand Björn Neßler, „das muss sich nun nach und nach ergeben.“ Er ist aber überzeugt: „Durch das Verknüpfen einer Wohnungsbaugesellschaft mit diakonischen Leistungen werden wir weitere Wohnungsnot im Kreis verhindern.“ Das denkt auch Jens Ellermann, Leiter Mietservice bei der LEG aus Bielefeld. „Wir haben nicht lange gezögert, bei dem Projekt mitzumachen“, erinnert er sich an die Ideenfindungsphase 2013. „Wir arbeiten über die Gemeinwesenarbeit an der Fröbelstraße schon lange mit der Diakonie zusammen.“ Die LEG stellt unter anderem die Räumlichkeiten für das Stadtteilzentrum zur Verfügung und unterstützt finanziell.
Infokasten:
· Die „Beratung Leben & Wohnen“ ist die Weiterführung der „Wohnquartierorientierten Hilfen“ (WOH), die die Diakonie 2014 gemeinsam mit der LEG ins Leben gerufen hat.
· Waren die WOH-Mitarbeiter zunächst von anderen Standorten aus tätig, haben sie durch das neue Stadtteilzentrum nun eine Präsenz vor Ort.
· Zielgruppe sind Anwohner im Gebiet zwischen Grundtvigstraße, Wichernstraße, Brockhäger Straße, Nordring und Marienfelder Straße sowie Mieter von LEG-Wohnungen aus dem gesamt Kreisgebiet.
· Die Mitarbeiter der Diakonie werden aktiv, wenn ein Betroffener sich selbst an die Mitarbeiter wendet oder sogenannte Zuweiser (z.B. Bildungseinrichtungen oder Vermieter) die Mitarbeiter darüber informieren, dass bei konkreten Personen oder Familien Hilfebedarf bestehen könnte. In solchen Fällen suchen die Mitarbeiter von sich aus den Kontakt zu Betroffenen und bieten Hilfe an.