Pinke Benzinkanister, Volkslieder und ein Chefarzt, der das Rauchen aufgab
Gütersloh/Valmiera. Viel gesehen und viel erlebt haben die 32 Teilnehme-rinnen und Teilnehmer, die Ende Mai in die rund 1700 Kilometer entfernte lettische Partnerregion Valmiera reisten. Die Gruppe wohnte in Valmiera, der mit rund 30.000 Einwohnern größten Stadt der Region. Sie liegt etwa 100 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Riga. Nur 50 Kilometer sind es bis zur Grenze zu Estland.
War die Delegation im vergangenen Jahr noch zum ersten Schultag in Lettland, der jährlich am 1. September ist, erlebte die Gruppe jetzt den letzten Schultag. An diesem Wochenende vor den Sommerferien findet traditionell das Tanzfest-Konzert auf der Freilichtbühne in Valmiera statt. Die Kinder und Jugendlichen aller Schulen aus der Region zeigten, in Trachten gekleidet und festlich geschmückt, lettische Tänze. Erstaunt und begeistert waren die Gütersloher darüber, wie viele Kinder zusammen auf einer Bühne standen und sehr diszipliniert zusammen tanzten.
Für Musik war auch bei anderen Programmpunkten gesorgt: In dem kleinen Ort Dikli präsentierten ein Orchester und ein Chor extra für die Delegation lettische Volkslieder. Da dauerte es auch nicht lange, bis die Gäste zum Tanz aufgefordert wurden. Im neuen Kindergarten „Burtins“ in Valmiermuiza sang und tanzte sogar der erst eineinhalbjährige Nachwuchs. In der Einrichtung sorgte aber noch etwas anderes für Erstaunen: Ein Schwimmbad. „Auch die Kleinsten sollen so schon die Angst vor dem Wasser verlieren“, erklärte die Kindergartenleiterin. Neun Mal pro Woche Sport steht für die 177 Kinder demnächst auf dem Programm.
Was bisher wohl kaum jemand der Besucher wusste: Es gibt barbie-pinke Benzinkanister und Koffer in Kanisterform. Sie werden neben Feuerlöschern in der Firma Valpro (Valmiera) hergestellt, die eines der größten Metallbearbeitungsunternehmen im Baltikum ist. Die bunten Kanister sind trotz − oder gerade wegen ihrer interessanten Farbe − sehr beliebt. Auch Weihnachtsbaumständer und Grills gehören inzwischen zum Repertoire. Eine Million Kanister werden pro Jahr hergestellt. Rund 50 Prozent davon werden nach Deutschland verkauft.
Vor 15 Jahren wurde in der Gemeinde Mazsalaca ein neues Krankenhaus gebaut − finanziert vom Marienfelder Modeunternehmer Bruno Kleine. Vor Beginn des Baus legte der heutige Chefarzt des Hauses Dr. Edgars Grandans ein Versprechen ab: Sollte das Hospital wirklich gebaut werden, würde er mit dem Rauchen aufhören. Er hielt sein Wort und feierte jetzt zusammen mit den Gästen aus Deutschland das Jubiläum im Naturpark Skaniskalns. Noch einen weiteren Grund zum Feiern gab es während des Aufenthalts in Lettland: Visvaldis Skujins, der ehemalige stellvertretende Landrat des Kreises Valmiera, ist 80 Jahre alt geworden. Skujins unterzeichnete 1994 die Partnerschaftsurkunde mit dem Kreis Gütersloh und besuchte ihn auch schon mehrfach. Der „Mann der ersten Stunde“ ist bis heute sehr interessiert an der Entwicklung der Partnerschaft. Eine kleine Delegation um Landrat Sven-Georg Adenauer übergab dem Hobbygärtner bei einem Empfang in seinem Garten in Naukseni Rosen aus Gütersloh.
Der Höhepunkt der diesjährigen Delegationsreise stand direkt nach der Landung in Riga auf dem Programm: Das treffen mit dem Staatspräsidenten Andris Bērziņš, bei dem er Landrat Sven-Georg Adenauer das Anerkennungskreuz der Republik Lettland überreichte. Der Präsident nahm sich viel Zeit und plauderte in lockerer Runde mit seinen Gästen.
Mit dabei waren in diesem Jahr unter anderem Jochen Strieckmann, Kämmerer der Stadt Halle, die stellvertretenden Bürgermeisterinnen der Stadt Harsewinkel, Pamela Westmeyer und Regina Meißner-Schlömer sowie Ursula Bolte, die ehemalige Landrätin des Kreises Gütersloh. Partnerschafts-Koordinator Hans-Joachim Schwolow war beeindruckt, wie viel Neues er in diesem Jahr gesehen hat. „Obwohl ich schon mindestens 70 Mal in Lettland war, gibt es immer noch Interessantes und Unbekanntes zu entdecken.“