Informationsveranstaltung zum transatlantischen Freihandelsabkommen im vollbesetzten Kreishaus
Kreis Gütersloh. „Wir brauchen TTIP, aber wir müssen auch die Risiken des Freihandelsabkommen abwägen“, fasst Dr. Marco Kuhn die rund zweieinhalbstündige Diskussion zusammen. Etwa160 Bürgerinnen und Bürger folgten der Einladung des Europainformationszentrum im Kreis Gütersloh und informierten sich im Kreishaus Gütersloh über das transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der USA und der EU, kurz TTIP.
„TTIP ist kein Geschenk an die Amerikaner oder ein Einknicken vor Ihnen, sondern Teil der langjährigen Außenhandelsstrategie der Europäischen Union“, erklärte Lutz Güllner von der Europäischen Kommission in seiner Einführung. Mit dem transatlantischen Freihandelsabkommen könnten die USA und die EU die größte Freihandelszone der Welt schaffen. Dabei gehe es nicht nur um den Abbau von Zöllen, sondern auch darum sich in den regulativen Fragen in Zukunft besser abzustimmen. Der IHK-Geschäftsführer Dr. Christoph von der Heiden hob die Chancen des Abkommens mit den USA hervor. Besonders mittelständische Unternehmen würden durch internationale Standards und einen vereinbarten Investorenschutz ermutigt werden, ihre Produkte vermehrt zu exportieren und so das wirtschaftliche Wachstum anzukurbeln. „Die vielen unterschiedlichen Normen und Regeln überfordern insbesondere die kleineren Unternehmen. Durch einheitliche Bestimmungen können diese leichter auf dem amerikanischen Markt Fuß fassen“, so von der Heiden.
Dr. Markus Pieper, Europaabgeordneter aus dem Münsterland, stellte den Bezug zu anderen internationalen Handelsgrößen wie China her. TTIP sei bedeutend, um mit der internationalen Konkurrenz in Zukunft mithalten zu können. Bettina Cebulla von der Verbraucherzentrale NRW befürchtete ein Absinken des Verbraucherschutzes und der deutschen sozialen Standards. Robert Fuß sah in der Einführung der geplanten Schiedsgerichte eine Möglichkeit für Konzerne, demokratische Verfahren und Entscheidungen anzufechten. „Die privaten, nicht öffentlichen Schiedsgerichte, vor denen Unternehmen Staaten auf Schadensersatz verklagen können, haben nichts mit unserer Gewaltenteilung zu tun“, so Fuß. „Dennoch brauchen wir Regeln für Investitionen“, entgegnete von der Heiden. Dazu gehöre, dass Ausländer nicht diskriminiert würden und der Schutz vor Enteignung. Man könne TTIP als Chance für einen modernisierten Investorenschutz mit zeitgemäßen Regelungen begreifen, so Güllner. „Schiedsgerichtsverfahren sind üblich und bekannt“, so Dr. Marco Kuhn. Schon in anderen Handelsabkommen habe man damit Erfahrung sammeln können. Nach Einblick in die Verhandlungsunterlagen sei er inzwischen auch „beruhigter“, dass die kommunale Daseinsvorsorge nicht durch das Abkommen betroffen sein werde.
Am Ende der Diskussion waren sich die Podiumsteilnehmer einig, dass TTIP eine große Chance für den deutschen Markt und den internationalen Handel sei. Doch die Details des Abkommens seien komplex und müssten sorgfältig von Experten unter Einbeziehung der Interessen von Bürgern ausgestaltet werden.