Das „Herzlich Willkommen“ mit Leben füllen
Der Zustrom von Flüchtlingen ist seit dem letzten Herbst das beherrschende Thema in den Städten und Gemeinden. Flucht und Vertreibung haben inzwischen weltweit den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht. Grund genug für den Gütersloher CDU-Stadtverband und ihren Vorsitzenden Raphael Tigges, vier Fachleute zu einer Podiumsdiskussion einzuladen, um die Lage der Flüchtlinge in der Stadt zu beleuchten. Neben etlichen ehrenamtlich Tätigen in diesem Bereich war unter den Gästen auch Bürgermeisterkandidat Henning Schulz.
„Zurzeit leben in Gütersloh 514 Flüchtlinge, das entspricht 0,5 Prozent der gesamten Bevölkerung“, erklärte zu Beginn Joachim Martensmeier, Leiter des Geschäftsbereichs Bildung, Jugend, Familie und Soziales bei der Stadt. „Und ein Ende des Zustroms ist nicht abzusehen, wir erwarten in diesem Jahr einen Zuwachs auf vermutlich 0,84 Prozent der Stadtbevölkerung. Die meisten Flüchtlinge kommen aus Syrien, dem Nordirak, Afghanistan, Iran, Pakistan, Somalia und dem Kosovo.“
Zwei Referenten der Veranstaltung kamen von der Diakonie, die in vielen Städten die Beratung und Begleitung der Flüchtlinge übernommen hat. „Auch wenn die Unterbringung für die Kommunen eins der größten Probleme ist, brauchen diese Menschen nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch menschliche Zuwendung und Betreuung“, so Stefan Sudeck-Wehr von der Geschäftsleitung der Gütersloher Diakonie. Daher seien die ersten Schritte zur Integration von besonderer Bedeutung. Fatma Aydin-Cangülec, die seit Mitte Februar als Flüchtlingsberaterin bei der Diakonie arbeitet, sieht die Vermittlung von Orientierungshilfen bei Verwaltungsverfahren, Behördengängen oder Arztbesuchen als besonders wichtig an. Positiv sei, dass es in Gütersloh eine große Bereitschaft zu ehrenamtlicher Hilfe gebe. „Eine große Zahl von Menschen heißt die Flüchtlingsfamilien hier willkommen und steht als Ansprechpartner für Alltagsfragen zur Verfügung“, sagt sie. „Die Hilfe muss allerdings koordiniert werden. Dafür müssen Begegnungsräume geschaffen werden.“
Direkt betroffen ist die Syrerin Naila Bulun. Sie hatte in ihrer Familie zehn Angehörige aus ihrer Heimat aufgenommen. Bulun wusste von den großen räumlichen und finanziellen Belastungen während der Monate der Unterbringung zu berichten. Inzwischen haben ihre Verwandten mithilfe der Stadt jedoch eine eigene Wohnung bekommen.
„Ein herzliches Willkommen hat jeder verdient, der sein Leben vor Verfolgung und Krieg zu uns gerettet hat“, sagte CDU-Ratsfrau und stellvertretende Bürgermeisterin Monika Paskarbies, die die Veranstaltung moderierte. „Doch die Gesetzeslage oder der Wohnungsmarkt machen es den Kommunen oft nicht leicht, dieses herzliche Willkommen mit Leben zu füllen. Daran müssen wir weiter arbeiten, denn in den Krisengebieten ist leider keine Besserung in Sicht und wir wissen nicht, wann die Bürgerkriegsflüchtlinge, zum Beispiel aus Syrien oder dem Irak, in ihre Heimat werden zurückkehren können.“