Gütersloh. Der junge Mann aus Halle (Westf.) zaudert in seinem Statement nicht rum. Ja, er sei zu schnell gefahren an diesem Tag in Versmold. Man möge in der Bußgeldstelle beim weiteren Verfahren nur noch berücksichtigen, dass er demnächst in Urlaub sei und nicht prompt reagieren könne. Muss er auch nicht mehr – außer der Überweisung von 70 Euro plus Bearbeitungsgebühr. Denn er hat bereits zu dem Bußgeldverfahren Stellung genommen. Neu ist, dass der Autofahrer weder eine E-Mail noch einen Brief geschickt hat. Mit dem Schreiben aus dem Kreishaus bekam er oben auf der Seite eine Internetadresse, eine Kennung und ein Kennwort mitgeteilt. So konnte er online seinen Kommentar absetzen. Damit vollzieht die Bußgeldstelle den letzten Schritt bei der digitalen Akte, wie Wolfgang Hildebrandt, stellvertretender Leiter der Abteilung Straßenverkehr, betont.
„Wir gewinnen deswegen jetzt nicht den Sympathiepreis bei den Autofahrern – es wird durch die digitale Bearbeitung ja nicht günstiger für sie“, sieht Hildebrandt die Neuerung realistisch. „Aber das Verfahren bringt für alle Seiten Vorteile.“ Gerade die jüngeren Fahrerinnen und Fahrer seien sehr online-affine Menschen, die hole man da ab, wo sie bevorzugt kommunizieren. Und für die Kreisverwaltung ist die Digitalisierung der Bußgeldverfahren damit abgeschlossen. Die rund 125.000 Bußgeldverfahren (die ‚günstigeren‘ Verwarngelder eingeschlossen) müssen aus rechtlichen Gründen eine gewisse Zeit aufbewahrt werden. Verwarnungsgelder werden bei geringfügigen Verkehrsordnungswidrigkeiten verhängt, sie belaufen sich auf maximal 55 Euro. Alles darüber sind Bußgeldverfahren. Die rechtssichere Aufbewahrung der Verfahren erfolgt seit über sechs Jahren bereits digital. Einzelne Schriftstücke – wie die Stellungnahmen der geblitzten Autofahrer – mussten zuletzt noch eingescannt werden, um sie in die digitale Akte ‚legen‘ zu können.
Gerade der Geschwindigkeitsverstoß des jungen Mannes in Versmold zeigt besonders anschaulich die Vorteile der Digitalisierung: Der Fahrer war in diesem Fall nicht der Halter. Letzterer bekam als erster Post aus dem Kreishaus. In seinem Online-Statement gab er an, nicht gefahren zu sein und nannte die Adresse des jungen Mannes. Diese Adresse nahm die Software direkt aus der Stellungnahme und verwandte sie für Anschreiben Nummer zwei.