Bertelsmann-Lesereihe: Literarische Weltreise mit Stefan Nink
Humorvolle Abenteuergeschichte oder authentischer Reisebericht? Diese Frage war bei der jüngsten Veranstaltung der Bertelsmann-Reihe BELESEN am Mittwochabend im vollbesetzten Gütersloher Bambi-Kino kaum zu beantworten. Bertelsmann-Autor Stefan Nink las vor rund 150 Gästen aus seinem jüngsten Roman „Sonntags im Maskierten Waschbär“ – und schilderte darüber hinaus seine persönlichen Eindrücke von den vielen exotischen Orten, an denen die Handlung des Buches spielt. Auf der großen Kinoleinwand zeigte Nink dazu selbstgeschossene Fotos von New Orleans bis zu den Galapagos Inseln.
Seine Begeisterung für das Schreiben und für ferne Orte hat Stefan Nink schon frühzeitig miteinander verbunden. Bevor er 2012 mit „Donnerstags im Fetten Hecht“ seinen ersten Roman veröffentlichte, war er lange Jahre als Reisejournalist für große Magazine und Zeitungen wie „Geo“, „Zeit“, „Brigitte“, „Süddeutsche Zeitung“ oder „Mare“ in aller Welt unterwegs. Den Reiseberichten hat auch seine Romanfigur Siebeneisen ihre Existenz zu verdanken: „Siebeneisen existierte als Figur schon eine ganze Weile vor dem Buch“, erzählte Nink dem Publikum im Bambi. „Den habe ich erfunden für eine Reportage über eine Antarktiskreuzfahrt, bei der ich einfach keinen Zugang zum Thema gefunden habe. Da habe ich dann kurzerhand einen Reisenden geschaffen, der das erlebt, was ich erlebte – und habe statt eines Reiseberichts eine Geschichte über diese Figur geschrieben“, so der Autor.
„Ich habe nie daran gedacht, einen Roman zu schreiben“, versicherte Stefan Nink den Zuhörern, doch ein hartnäckiger Berliner Literaturagent habe seine Siebeneisen-Reportage in der „Süddeutschen Zeitung“ gelesen und ihn dann überredet, die Figur in Romanform zu packen. Siebeneisen ist übrigens benannt nach dem gleichnamigen Golfschläger, dem 7er-Eisen, denn als Nink die Figur erfand, erlernte er gerade das Golfspiel. Überaus blauäugig habe er dann mit dem Schreiben seines Erstlings „Donnerstags im Fetten Hecht“ begonnen. Zum Glück habe er dabei seitens des Verlags alle Freiheiten beim Umfang und alle Zeit der Welt gehabt, erinnert sich der Autor. „Das war so, als ob sie mit einem Fußball vor dem Gymnasium stehen und ihnen sagt jemand: ‚Treffen Sie das Gebäude‘.“ Beim zweiten und dritten Buch sei er dann allerdings wesentlich strukturierter an die Sache herangegangen.
Auf Siebeneisens erstes Abenteuer „Donnerstags im Fetten Hecht“ folgte 2014 das zweite Buch „Freitags in der Faulen Kobra“. Im dritten Buch, „Sonntags im Maskierten Waschbär“, aus dem Stefan Nink nun vorlas, hat Siebeneisen aus seinen Weltreisen mittlerweile einen Beruf gemacht: Zusammen mit zwei Freunden gründet er eine Agentur, spezialisiert auf das Auffinden unauffindbarer Gegenstände. Eines Tages stolpert die Truppe in New Orleans über die historischen Aufzeichnungen eines bayerischen Cowboys und entdeckt darin einen sensationellen Hinweis auf die Mumie des letzten Inkaherrschers. Von Las Vegas führt die Spur die Freunde nun durch die Canyons von Arizona bis zu den Galapagosinseln.
An Stoff und Ideen für die vielen humorvollen Ereignisse, die Siebeneisen in seinen Abenteuern wiederfahren, und die vielen merkwürdigen Typen, denen er begegnet, hat Stefan Nink keinen Mangel, es sind „die Krümel meiner Reisereportagen“, erklärte er. „Vieles von dem, was in meinen drei Büchern auftaucht, ist mir tatsächlich passiert.“ Bereits bei seinen ersten Reportagen habe er sich ein doppelgleisiges Arbeiten angewöhnt. Auf die linke Seite seines Notizblocks kommen die Notizen, die für die Reportage wichtig sind, auf die rechte Seite notiert er als eine Art Reisetagebuch all die kleinen Momente und Begebenheiten, von denen er wusste, „wenn ich die nicht aufschreibe, sind sie weg“. „Meine Bücher leben von den rechten Seiten meiner Notizblöcke“, stellte Nink fest.
Sicherlich am verblüffendsten für die Zuhörer war an diesem Abend dann auch die Tatsache, dass gerade die besonders skurrilen Figuren in Ninks Romanen auf realen Menschen – und auch Tieren – beruhen, die der Autor im Laufe seiner vielen Reisen getroffen hat: „Die Nebenfiguren in den Büchern sind alles Leute, die mir tatsächlich begegnet sind“, so Nink. Der indianische Führer, der an Stoizismus nicht zu überbieten ist, der Papagei, für den der amerikanische Bürgerkrieg noch nicht beendet ist, und der Coyote, der mit theatralischem Geschick Reisenden das Essen abluchst – alle echt.