Gütersloh/Bielefeld. Wenn man einmal genauer hinguckt, verstecken sich hinter den unscheinbarsten Türen, die spannendsten Sachen.
So auch an einem trüben Märzmorgen in der Meisenstraße in Bielefeld. Hinter den Türen einer Fabrikhalle herrscht emsiges Treiben: Ein riesiger Greenscreen beherrscht den Raum, der Kameramann baut seine Technik auf, der Tonmann fegt nochmal rasch den Fußboden und diverse Komparsen huschen aufgeregt umher. Pünktlich um halb neun ist Drehbeginn und der häufigste Satz des Tages fällt zum ersten Mal: „Ruhe bitte, wir drehen! Kamera läuft! Uuuund bitte!“ Einen Tag lang wird der erste Kinospot für das Projekt ‚Azubi kommunal‘ gedreht.
Der Spot läuft seit Mitte April in den Kinos zum Beispiel vor den Blockbustern ‚Fast and Furious 8‘ oder ‚Baywatch‘ und soll junge Leute für die Ausbildungen in der Kommunalverwaltung begeistern. Die Idee für das Projekt ‚Azubi kommunal‘ hatte der Arbeitskreis ‚Ausbildungsmarketing‘ der Kommunalverwaltungen in Ostwestfalen-Lippe und dem Münsterland. „Mit dem Arbeitskreis und diesem Projekt haben wir die Ebene der Konkurrenz untereinander überwunden“, so Ramona Klose vom Studieninstitut Westfalen-Lippe. „Durch die kommunale Zusammenarbeit sparen wir Geld bei den einzelnen Werbemaßnahmen.“ Denn alle haben das gleiche Ziel: Engagierte und motivierte Auszubildende zu gewinnen, die Freude an ihrem Beruf haben.
Wer genau hinsieht, wird bei den Komparsen das ein oder andere bekannte Gesicht entdecken. Denn diese werden von Mitarbeitern der Personalabteilungen der Kreise Gütersloh und Herford, der Städte Warendorf und Bielefeld sowie des Studieninstitutes gespielt. Los geht es mit Simone Kramer vom Kreis Gütersloh und Silke Mittendorf von der Stadt Warendorf. Beide spielen in ‚Straßenkleidungskostümen‘ Passantinnen. „Kamera läuft! Und bitte‘ erschallt es nun wieder durch den Raum und beide laufen los. Dann zeigt sich, dass laufen nicht gleich laufen ist. Die Bewegungen für die Aufnahmen müssen geübt werden. Für die Kamera dürfen sich die Personen nicht zu schnell bewegen, die Haare dürfen nicht das Gesicht verdecken und überhaupt darf ein Schauspieler niemals direkt in die Kameralinse blicken. Noch haben die anderen Kollegen Spaß beim Zugucken, aber heute stehen alle einmal vor der Kamera.
Unter der Federführung des Studieninstituts wirbt das Projekt ‚Azubi kommunal‘ seit mehreren Jahren mit dem Slogan ‚Du kannst mehr bewegen, als du denkst‘ um neue Auszubildende. Alte oder falsche Vorstellungen über die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung sollen dabei aus dem Weg geräumt werden. Auf der Homepage www.azubi-kommunal.de sind alle Infos gebündelt. Dort erfahren Interessierte alles über die vielfältigen Ausbildungsberufe in der Kommunalverwaltung. Dazu gibt es seit rund drei Jahren einen Radiospot, der in den Lokalradios läuft. Und nun die erste Kinowerbung.
Die Skriptidee dazu kam von Azubis: Im Herbst vergangenen Jahres hatte das Studieninstitut einen Filmidee-Wettbewerb gestartet. Gewonnen hat die Variante, die an das Intro der Sendung ‚Löwenzahn‘ erinnert. Zwei professionelle Schauspieler, Alessa Ordynans und Moritz Lehmann, mimen die Jugendlichen, die durch Berühren eines ‚Azubi kommunal‘-Plakates von ihrer grauen Welt in eine bunte Comicwelt der kommunalen Berufe gezogen werden. Nach und nach probieren sie sich als Straßenwärter, Verwaltungsfachangestellte, Vermessungstechniker und vieles weitere aus. Immerhin gibt es über 30 Ausbildungsberufe in den kommunalen Verwaltungen.
Was im fertigen Spot innerhalb eines Augenblickes passiert, dauert während des Drehs um einiges länger. Von der jugendlichen Alltagkleidung hinein in das schicke Bürooutfit („Verflixt, wo ist denn wohl die Perlenkette??“) und dann in die Funktionskleidung der Straßenwärter. Und zwischendurch immer wieder die glänzende Nase abpudern und die Frisur richten. Vor allem das Outfit der Straßenwärter bereitet Probleme: Es sind die orangenen Jacken und Hosen der Kollegen des Umweltbetriebes Bielefeld. Allesamt anscheinend große, stattliche Herren. Da muss die Hose für Alessa Ordynans zweimal umgeschlagen und hinten am Hosenbund mit ordentlich Panzerklebeband zusammengehalten werden. Im fertigen Werbespot ist davon dann nichts mehr zu sehen.
Auch drei ‚echte‘ Azubis spielen als Komparsen mit: Jana Zenner, Marco Kunze und David Acar vom Kreis Gütersloh erleben an diesem Vormittag einen ungewöhnlichen Ausbildungstag.
Die Firma ‚Laufende Bilder‘ unter der Leitung von Tanja Ackermann hat den Spot gedreht. Das Bielefelder Filmteam produziert vor allem Image- und Werbefilme, aber auch Projektdokumentationen und Künstlerportraits.
Finanziert wird der Spotdreh zu großen Teilen vom Gewinn des DBB-Innovationspreises 2015. Damals ist die bisher einzigartige Werbekampagne ‚Azubi kommunal‘ in Leipzig vom Deutschen Beamtenbund (DBB) mit einem deutschlandweit ausgeschriebenen Sonderpreis für Innovationen prämiert worden. „Seitdem stand für uns fest, dass wir das Preisgeld weiter in die Werbung investieren und nun einen Kinospot drehen“, so Anika Ehlers vom Studieninstitut, die 2015 den Preis mit entgegennahm und die Dreharbeiten zusammen mit Ramona Klose koordiniert.
Fast pünktlich nach Drehplan und zur Freude aller hungrigen Mägen heißt es dann gegen 13.30 Uhr Dreh- und Mittagspause. Für die Komparsen ist nach Würstchen und Kartoffelsalat Drehschluss. Die Profis drehen noch bis zum Abend weiter, damit es ab April in den Kinosälen heißt: „Bist du auch dabei deine Zukunft zu gestalten? Dann komm zu Azubi kommunal.de. Du kannst mehr bewegen, als du denkst!“