„Aus Feinden werden Freunde“: Das ist die Headline, die das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich nach dem zweiten Weltkrieg beschreibt. In einer ganz besonderen Weise trifft dieser Satz auch auf eine gleichnamige Ausstellung zu, die gestern abend (13.6.) im Gütersloher Stadtmuseum von den Bürgermeistern der Partnerstädte Gütersloh und Châteauroux Henning Schulz und Gil Avérous eröffnet wurde.
„Gütersloh und Châteauroux im zweiten Weltkrieg“ – hinter dieser Präsentation steht eine gemeinsame lokalgeschichtliche Aufarbeitung von Historikern beider Städte, die in dieser Form ziemlich einzigartig sein dürfte.
Es ist die zweite gemeinsame historische Ausstellung der beiden Städtepartner. 2014 stand der Erste Weltkrieg im Blickpunkt der Forschungen. Schon damals stand fest: Das soll nicht die letzte Kooperation bleiben. Befördert wurde der Gedanke der Fortsetzung durch den Fund eines Schrankes in Châteauroux, der eine vollständige Wehrmachtsbibliothek aus der Zeit der Besatzung im Zweiten Weltkrieg enthielt: Propaganda, Unterhaltungsliteratur und Romane für die deutschen Soldaten. Der Schrank und sein Inhalt bilden heute das Kernstück der Ausstellung mit insgesamt fast 30 konsequent zweisprachigen Thementafeln. In Bild und Textdokumenten, ergänzt um zahlreiche Objekte aus der Zeit steht dabei im Mittelpunkt der Analyse, wie Deutsche und Franzosen in ihrem Heimatort den Zweiten Weltkrieg erlebt haben. Während Châteauroux sich bereits in den ersten Kriegsmonaten voll im Kriegsgeschehen befand, wurde das Stadtleben in Gütersloh erst spät direkt vom Krieg beeinflusst. Die Unmenschlichkeit des NS-Systems machte auch nach Abzug der Deutschen aus Châteauroux, das dem sogenannten „Vichy-Regime“ unterstand, nicht halt, da diese Marionettenregierung die Rassenideologie der Nazis übernahm. Und auch wenn die Begleitumstände sich stark unterschieden: Bombardierungen, Plünderungen und der Verlust von Freunden und Angehörigen waren traumatische Erlebnisse für die Bevölkerung beider Städte.
All dies und mehr sind Aspekte, die Historiker und die Archivare beider Städte gemeinsam in rund zwei Jahren Vorbereitungszeit und mehreren Treffen erforscht haben. Auch für die „Ausstellungsmacher“ ergab sich dabei in intensiven Diskussionen manch neue Erkenntnis – so wurden beispielsweise dem Stadtarchivar Jean-Louis Cirès aus Châteauroux erst kürzlich aus einem Privatarchiv Fotos übergeben, die den Abzug der deutschen Soldaten dokumentieren. Und auch in Gütersloh schärften Zeitzeugenbeiträge und Bildzulieferungen an Stadtarchivar Stephan Grimm noch einmal das Bild aus den Jahren der NS-Zeit und des Zweiten Weltkriegs.
So hat die gemeinsame Ausstellung schon jetzt vieles angestoßen, was es noch weiter zu erforschen gilt. Und sie richtet ganz bewusst aus der Geschichte heraus auch den Blick nach vorn. Bürgermeister Henning Schulz erinnerte daran in seinem Grußwort: „Die beiden großen Weltkriege haben im letzten Jahrhundert Millionen Menschen das Leben gekostet, zur Flucht gezwungen oder in furchtbare Not und Elend getrieben. Das liegt aus geschichtlicher Sicht nicht lange zurück. Dass wir aber seit mehr als 70 Jahren in Europa in Frieden leben dürfen, macht in etwa ein Menschenleben aus und ist so gesehen doch eine sehr lange Zeit. Heute sind es die Konflikte in Nahost und Afrika, die sich bis zu uns auswirken und vor Augen führen, dass ein friedliches Miteinander keine Selbstverständlichkeit ist. Deshalb möge diese Ausstellung auch ein Appell an uns alle sein, uns weiterhin dauerhaft für ein Leben in Frieden einzusetzen!“ Für seinen französischen Kollegen Avérous „ist der gemeinsame Blick auf eine schmerzvolle Vergangenheit der Beweis für die tiefe Freundschaft“, die Gütersloh und Châteauroux seit 41 Jahren verbindet.
Im Gütersloher Stadtmuseum ist sie bis zum 19. August zu sehen, danach wird sie in Châteauroux gezeigt. www.stadtmuseum-guetersloh.de