Gütersloh. Menschen, die sexuelle Gewalt erlebt haben, fühlen sich danach meist hilflos, ohnmächtig und verzweifelt. „Es fällt ihnen schwer zu entscheiden: Polizei anrufen ja oder nein“, erklärt Yvonne Hantke, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Gütersloh.
Der Grund sei die extreme psychische Belastung sowie die Tatsache, dass die Täter häufig aus bekanntem Umfeld stammen. Durch die Anonyme Spurensicherung ist es möglich, die Spuren zu sichern ohne direkt Anzeige zu erstatten.
Warum ist es so wichtig, sofort die Spuren sichern zu lassen? Nur mit Hilfe von Beweisen kann später gegebenenfalls der Täter gefasst und rechtlich belangt werden. Häufig gibt es keine Zeuginnen oder Zeugen für die Tat. Möglicherweise wurde das Opfer mit K.O.-Tropfen betäubt und hat im Nachgang den Verdacht, dass etwas passiert sein könnte. Werden die Spuren der Gewalttat, zum Beispiel DNA-Spuren oder nachgewiesene K.O.-Tropfen, gleich nach der Tat gesichert, können diese Nachweise noch Jahre später herangezogen werden, wenn das Opfer bereit ist, den Täter anzuzeigen.
Statt die Gewalttat zu verschweigen und zu versuchen sie zu verdrängen, raten Ärzte zu einer zeitnahen, vertraulichen Untersuchung im Krankenhaus, unabhängig von einer Anzeige. Eine solche Untersuchung ist im Kreis Gütersloh im Klinikum Gütersloh und im Sankt Elisabeth-Hospital möglich.
Die Spurensicherung wird auf anonymer Basis angeboten. Wesentlicher Bestandteil der Untersuchung sind die Sicherung von DNA-Spuren und die genaue Dokumentation von Verletzungen. Außerdem gehören ein Fragebogen und eine gynäkologische Untersuchung dazu, bei entsprechendem Verdacht zusätzlich auch ein Test auf K.O.-Tropfen. Die im Krankenhaus gesicherten Beweise werden für die Dauer von zehn Jahren unter einer Chiffrenummer im Rechtsmedizinischen Institut Münster gelagert. So ist auch Jahre nach der Tat noch eine polizeiliche Anzeige möglich. Jede Klinik verfügt über einen Koffer mit Spurensicherungssets, der gut zugänglich gelagert wird, um schnell zur Hand zu sein.
Damit möglichst vielen Bürgerinnen des Kreises das Angebot der Anonymen Spurensicherung bekannt ist, wurde auch im Winter 2022 /2023 – speziell in der dunklen Jahreszeit – der Fokus auf gezielte Öffentlichkeitsarbeit gesetzt.
- Jeden Abend und an den Wochenenden wurde in Radiospots auf Radio Gütersloh auf das Angebot hingewiesen.
- Ein Kurzfilm zur Anonymen Spurensicherung wurde im Bambi-Kino als Vorfilm gezeigt und ist auf www.pia-online.eu/spurensicherung einsehbar.
- In den Stadtbussen und Plakatflächen der Stadtwerke Gütersloh wurden fünfsprachige Plakate ausgehängt.
- Plakate und Visitenkarten mit Hinweisen zu den Hilfsangeboten in fünf Sprachen (deutsch, rumänisch, englisch, arabisch und bulgarisch) wurden an die hausärztlichen und gynäkologischen Praxen im Kreis Gütersloh verteilt. Diese fünf Sprachen wurden gewählt, um eine Vielzahl der im Kreis wohnhaften Frauen zu erreichen.
Zum Thema: Anonyme Spurensicherung im Kreis Gütersloh:
An dem Kooperationsnetzwerk ‚Anonyme Spurensicherung im Kreis Gütersloh‘ sind folgende Institutionen beteiligt:
- Klinikum Gütersloh
- Sankt Elisabeth-Hospital Gütersloh
- Abteilung Gesundheit, Kreis Gütersloh
- LWL Klinikum Gütersloh
- Kriminalpolizei und Opferschutz der Kreispolizeibehörde Gütersloh
- Jugendämter im Kreis Gütersloh als Mitglied im Runden Tisch Gewalt Halt
- Fachanwältin
- Frauenberatungsstelle/Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt Gütersloh
- Trotz allem e. V. Beratung für Frauen mit sexualisierter Gewalterfahrung
- Frauenhaus Gütersloh
- Gleichstellungsstellen im Kreis Gütersloh
Die Öffentlichkeitsmaßnahmen wurden durch Fördermittel des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration unterstützt
Bild: Yvonne Hantke, die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Gütersloh, präsentiert das Poster zur Anonymen Spurensicherung. (Foto: Kreis Gütersloh)