Während des Zweiten Weltkrieges mussten mehr als 13 Millionen Menschen in Deutschland Zwangsarbeit leisten. In Städten, aber auch auf dem Land arbeiteten Männer, Frauen und Kinder. Ihr Alltag unterlag immer dem Zwang und nicht selten der Willkür. Für die meisten Zwangsarbeiter waren es »Geraubte Jahre«. Teile der gleichnamigen Ausstellung, die 2015 im LWL-Freilichtmuseum Detmold zu sehen war, machen ab dem 21. Juli im Ratssaal und Heimathaus in Rietberg Station.
Im Mittelpunkt der gemeinsamen Ausstellung von Stadt und Heimatverein Rietberg und LWL-Freilichtmuseum Detmold stehen Porträts von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiterinnen, die während des Zweiten Weltkriegs im Rietberger Fotoatelier Kuper und Nachfolger entstanden sind. Seit 2010 ist das historische Tageslichtatelier aus Rietberg im Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zu besichtigen. Zum Bestand des Fotoateliers gehörten rund 2.200 Glasplatten, deren Abzüge schon mehrmals Grundlage von Ausstellungen im Freilichtmuseum waren.
„Als wir die Glasplatten durchgesehen haben, war uns schnell klar, dass es eine Reihe von Porträts und Gruppenaufnahmen gibt, die anders sind als die anderen“, beschreibt LWL-Museumsdirektor Prof. Dr. Carstensen den ersten Eindruck. In der Forschung ist bekannt, dass Zwangsarbeiter manchmal professionelle Fotografen mit der Anfertigung von Porträtaufnahmen beauftragt hatten. Diese dienten als persönliche Erinnerungsbilder, wurden an Verwandte geschickt oder Freundinnen geschenkt. Dass es sich bei einigen der abgebildeten Männer um Kriegsgefangene handeln musste, war aufgrund der Uniformen offensichtlich. Bei näherer Betrachtung der Abzeichen auf den Uniformen konnten diese schnell als Franzosen identifiziert werden.
Bei den Frauen gestaltete sich die Sache etwas schwieriger. Durch eine sehr genaue Betrachtung jedes einzelnen Details der Fotos gelangten die Museumswissenschaftler zu der Annahme, dass es sich um Zwangsarbeiterinnen handelt. „Accessoires wie Schmuck und die kleine Handtasche wechseln wie Requisiten zwischen den Personen. Improvisiert wirken Teile der Kleidung: Mäntel sind zu groß, Kleider und Blusen sind nicht gebügelt“, berichtet Projektleiter und Ausstellungskurator Dr. Hauke-Hendrik Kutscher.
Zur Eröffnung der Fotoausstellung am Donnerstag, 21. Juli, um 20 Uhr im Ratssaal des Alten Progymnasium, Klosterstraße 13, sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Die Ausstellung im Ratssaal ist bis zum 21. August immer dienstags bis freitags von 14.30 bis 18 Uhr sowie samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Ein Teil der Fotos wird zudem im Heimathaus Rietberg, Klosterstraße 5, gezeigt: an jedem Mittwoch und Sonntag von 15 bis 18 Uhr.
Schon jetzt wird darauf hingewiesen, dass der Historiker und Mitkurator der Ausstellung Frank Huismann am Dienstag, 26. Juli, um 20 Uhr in der Ausstellung im Ratssaal einen ergänzenden Vortrag unter dem Titel »Rietberger Fotos – Zur Zwangsarbeit im Dritten Reich« halten wird.