Stein auf Stein

Carl zu Besuch bei Henning Schulz

Text: Ben Hensdiek
Fotos: Matthias Kirchhoff

Für unser heutiges Ziel müssen wir nicht weit fahren. Nicht einmal einen Kilometer trennt Carls Büro vom Haus des Mannes, den wir besuchen. Es ist der erste Tag des Jahres, an dem »richtiger« Schnee liegt. Optimal, um einen zweifachen Familienvater kennen zu lernen.

Auf dem Weg geht uns kurz der Gedanke durch den Kopf, wen wir nun eigentlich besuchen. Den Stadtbaurat der Stadt Gütersloh oder den Bürgermeisterkandidaten der CDU? Beides falsch. Wir besuchen den Menschen Henning Schulz. Wir werden reden, Pizza backen und gemeinsam Mittag essen. Wir bauen im Garten einen Schneemann und erleben die leider nur einen Tag andauernde Schneelandschaft an verschiedenen Orten in der Stadt. Ein »Familientag« in Gütersloh.

Am Haus angekommen, werden wir direkt freundlich begrüßt. Henning Schulz, seine Frau Imme und einer der zwei Söhne nehmen uns in Empfang. Wir betreten einen freundlich-hellen Wohn- und Essbereich mit einer durchlaufenden Fensterfront und Blick in den Garten. Ein kleines Stück Gütersloher Grün, alte Bäume und der Beginn eines Baumhauses. Ein Gartenstück, dass man weder hinter der Fassade des Hauses, vor allem aber nicht in dieser nahen Innenstadtlage vermutet hätte.

Ich lasse den Raum wirken, der eine große Ruhe ausstrahlt. Gelungen kombinierte, alt anmutende Sitzmöbel, ein Regal mit ein paar Büchern, einer HiFi-Anlage. Ihr gegenüber an der anderen Seite des Wohnbereiches stehen zwei große Lautsprecher aus MDF-Platten. Selbst gebaut, wie sich später herausstellen wird. Wie vieles in diesem Haus. Selbst das Bild aus der Londoner U-Bahn an der Wand ist Zeuge einer früheren Begeisterung und Erinnerung an einen kurzzeitigen Lebensmittelpunkt.

Auf der Schwelle zum Essbereich steht eine alte Bahnschwelle. In ihr stehen an zwei Auskerbungen Teelichter. Dem Zufall ist hier heute nichts überlassen, wir sollen uns wohl fühlen. Das tun wir auch. Und kommen mit Henning Schulz ins Gespräch. Einem Menschen aus der Region, der in Brockhagen aufgewachsen und in Halle/Westf. zur Schule gegangen ist. Bis zur Rückkehr nach Gütersloh im
Mai 2013 allerdings gab es einige Stationen: Erst eine Maurerlehre, dann das Architekturstudium in Hannover und London. Es folgte die Arbeit als Architekt in einem großen Berliner Büro, als Hochbaureferent und Projektleiter beim Bundesbau in Berlin und schließlich die Leitung des Hochbauamtes der Stadt Peine.

»Diese Stationen haben sich von Schritt zu Schritt ergeben. Durch die Jobs haben sich mir immer neue Bereiche erschlossen«. Henning Schulz ist wissbegierig, das kam ihm hierbei zugute. 

Seine Haltung und Begeisterung, die Dinge selbst anzupacken und ihnen auf den Grund zu gehen, sieht er in seiner Kindheit und Jugend begründet. »Außer dem Schornsteinfeger kamen bei uns zu Hause nie Handwerker. Mein Vater hat jegliches Handwerk beherrscht und alles selbst gemacht«, erinnert er sich. Da hat er früh schon mitgeholfen und sich selbst in vielen Bereichen geschult. So hatte Schulz immer mit dem Bauen zu tun und entwickelte aus dem Wunsch, selbst zu planen und zu gestalten, seine berufliche Laufbahn. Selbst gemacht wird auch heute noch viel. »Allein das Zeitfenster fehlt leider oft«.

In der Jugend war er auf der »Independent-Schiene« unterwegs, wie er sagt. Das PC69, Zweischlingen und auch die Weberei waren seine Anlaufstellen. In die Weberei geht er auch heute noch hin und wieder. Mit seiner Frau, die sich von der kulturellen Angebotsvielfalt in Gütersloh begeistert zeigt, auch gerne mal ins Theater. Und noch eine Besonderheit seines Aufwachsens nennt er: »Meine Oma, die ebenfalls bei uns wohnte, war blind. Das hat mir viele Bereiche auch der nonverbalen Kommunikation sehr bewusst gemacht«. Er schätzt es, im Dialog zu sein. Die Familie prägt eben.

Trotz der wenigen Zeit steht die Familie auch heute hoch im Kurs. Es wird gemeinsam gefrühstückt, bevor es auf dem Rad mit dem älteren Sohn zur Schule und dann ins Rathaus geht. Und sobald freie Zeiten da sind, geht es raus in die Natur. »Das ist für uns Entspannung pur«. Die genießt
er ebenso, wie das Kochen in der selbst gebauten Küche. Bevor wir selbst dort zur Pizza-Zubereitung schreiten, geht es aber erst einmal in den Garten. Dort wird der Schnee genutzt und ein stattlicher Schneemann gebaut, der gleich auf Fotos für die Ewigkeit festgehalten wird.

Und dann geht es in die Küche. Denn wenn Carl zu Besuch kommt, darf auch gerne mal gekocht werden. Das darf dann der Hausherr übernehmen, der sein ganz eigenes Rezept für die »beste Pizza aus dem Backofen« hat. Wir schauen zu und machen ein Video davon, das es begleitend zu diesem Artikel inklusive Rezept auf unserer Website zu sehen gibt.

Bis zum Mittagessen wird die Stimmung noch lockerer. Die Kinder helfen hier und da mit, zeigen sich interessiert an unserer Ausrüstung. Der spannende Vormittag zu Gast beim Menschen Henning Schulz endet mit der tatsächlich sehr leckeren Pizza gemeinsam am Tisch. Danach geht es noch einmal raus zu drei Lieblingsorten von Henning Schulz in Gütersloh. Und wir bedanken uns für die schöne Zeit.

Drei Bilder, drei Orte: Inbegriff unterschiedlicher Welten

Henning Schulz vor dem gütersloher Theater

» …das Theater ist da eine ganz andere Welt. Wenn die Menschen die Spindeltreppe von der Skylobby herunter gehen, hat das etwas von würdevollem Schreiten. Sie werden hinter der Glasfassade nahezu inszeniert, ihnen wird eine Bühne geboten …«

Henning Schulz vor der gütersloher Weberei

»Die Weberei verbindet mich mit der Vergangenheit und ich freue mich, dass es den Ort noch gibt. Ich freue mich über das Flair der Bogenstraße, wie man es vielleicht aus den Hinterhöfen aus Berlin kennt…«

Henning Schulz in Gütersloh an der Dalke

»… der Bereich Dalke West bietet einen dritten tollen Gegenpol. Hier funktioniert die Verknüpfung von Stadt und Landschaft wunderbar. Die Dalke fließt gewissermaßen in die Stadt herein, man kann durchatmen und in einen Ort eintauchen, an dem die Gedanken freien Lauf haben.«