Im hohen Alter von 99 Jahren starb am 20. April in Berlin Ernst-Martin Rhein, der Gründer des Kuratoriums Rshew und Wegbereiter der Städtepartnerschaft zwischen Gütersloh und der Wolgastadt Rshew/ Russland und des Friedensparks in Rshew.
Im 2. Weltkrieg kämpfte der Verstorbene bei Rshew, wo er 1942 schwer verwundet wurde. Nach russischer Kriegsgefangenschaft kehrte er erst 1949 in seine Heimat zurück. Nach Studium und langjähriger Tätigkeit als Verbandsfunktionär übernahm Ernst-Martin Rhein 1982 die Leitung der Traditionsgemeinschaft des in Bielefeld beheimateten Infanterieregiments 18, eine Verbindung von deutschen Veteranen. Diese Gruppe hatte die Verständigung mit dem ehemaligen sowjetischen Gegner als eines ihrer Ziele formuliert. Schon 1991 sagte Rhein bei einer Kranzniederlegung auf dem sowjetischen Soldatenfriedhof in Stukenbrock, dass die in Ausübung ihrer Pflicht gefallenen sowjetischen Soldaten in gleicher Weise zu ehren seien, wie es bei den Gefallenen der Westalliierten selbstverständlich sei.
Sein Freund und Kriegskamerad Erich Vornholt aus Gütersloh-Friedrichsdorf hatte spontan nach einer europäischen Friedenswanderung des Verler Droste-Hauses 1991 einen Brief an die Veteranen der Stadt Rshew geschrieben und eine Versöhnung angeregt. Daraufhin erhielt die Veteranengruppe eine Einladung nach Rshew. Die Traditionsgemeinschaft unter Ernst-Martin Rhein nahm als Gruppe diese Einladung an. Die Reise dorthin und die freundliche Aufnahme in der Wolgastadt stellten den Anfang vieler gegenseitiger Besuche von deutschen und russischen Veteranen dar. Organisiert wurden diese gegenseitigen Besuche von dem 1995 im Verler Droste-Haus gegründeten Kuratorium Rshew. Dort wirkte Ernst-Martin Rhein unermüdlich als Organisator, Motivator und Wegbereiter für die Aussöhnung mit Rshew bis 2004. Zusammen mit seiner Frau Heidi war Ernst-Martin Rhein bei jeder Fahrt nach Rshew dabei, kümmerte sich mit seinen Kuratoriumskollegen wie Dr. Heller, Dr. Klingbeil und anderen Kuratoriumsmitgliedern erfolgreich um humanitäre Hilfe für Rshew.
In Zusammenarbeit mit seiner alten Schule, dem Ev. Stift. Gymnasium, deren Altschüler und Posaunenchor-Präside er war, regte er an, die Jugendarbeit in diese Verständigungsarbeit einzugliedern. So wurden ab 1997 auf Initiative und unter Leitung des Studiendirektors Rolf Furtwängler in Zusammenarbeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge fast jedes Jahr „Work-Camps“ in Rshew durchgeführt – wie im vergangenen Jahr mit jungen Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus der Stadt Gütersloh.
Der Bau und die Einweihung des von Ernst-Martin Rhein nachdrücklich geforderten Friedensparks mit einem deutschen und einem sowjetischen Friedhof nebeneinander im Jahre 2002 waren für den Verstorbenen eine besondere Bestätigung seiner Friedensarbeit, ebenso wie die Besiegelung der Städtepartnerschaft zwischen Gütersloh und Rshew im Jahr 2009. Als Ehrenvorsitzender des Kuratoriums legte Ernst-Martin Rhein 2004 aus gesundheitlichen Gründen sein Amt nieder und übergab diese Aufgabe dem Leiter des Droste-Hauses, Karl-Josef Schafmeister. Seine letzten Lebensjahre verlebte Ernst-Martin Rhein in einem Seniorenheim in Berlin.
Bürgermeister Henning Schulz schrieb in einem Kondolenzschreiben an die Familie: „ Ernst-Martin Rhein hat durch seinen Beitrag zur Völkerverständigung bereits zu Lebzeiten Zeichen gesetzt. Er hinterlässt nach seinem Tod Spuren, die auch in Zukunft durch die Begegnung der Menschen in beiden Ländern sichtbar bleiben werden.“
Am 3. Mai wird Ernst-Martin Rhein seine letzte Ruhe auf dem Friedhof in Berlin-Zehlendorf finden.